Long Covid Zu wenig Stresshormone

Warum Long-Covid-Patientinnen und Patienten über Wochen und Monate unter Symptomen wie Müdigkeit oder Konzentrationsstörungen leiden, das ist noch immer nicht geklärt: Das Virus könnte im Körper persistieren, es könnte sich um eine Autoimmunreaktion handeln oder das Gewebe könnte durch die Sars-CoV-2-Infektion dauerhaft geschädigt worden sein. Trotzdem sehen sich die Betroffenen immer noch mit Vorurteilen konfrontiert, etwa, dass ihre Beschwerden nur eingebildet oder psychosomatisch seien – auch bei behandelnden Ärzten.

Der Klassensprecher
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Doch das könnte in Zukunft anders sein. Ein Team um die renommierte Immunologin Akiko Iwasaki von der Yale University, USA, hat in einer Studie auffällige Blutwerte und veränderte Immunzellen bei Long-Covid-Kranken gefunden. Sollten weitere Untersuchungen diese Ergebnisse untermauern, könnten diese Parameter womöglich als sogenannte Biomarker genutzt werden, um eine Long-Covid-Diagnose zu bestätigen und auch, um Therapieansätze zu entwickeln.
Die Forscher entdeckten unter anderem eine erhöhte Anzahl erschöpfter Immunzellen bei den Betroffenen; sie fanden Hinweise darauf, dass möglicherweise Herpesviren – etwa von einer früheren Erkrankung an Pfeifferschem Drüsenfieber – reaktiviert worden waren. Vor allem aber konnten die Mediziner zeigen, dass Long-Covid-Kranke im Vergleich zu Personen aus den Kontrollgruppen einen deutlich verringerten Spiegel des Stresshormons Cortisol im Blut aufwiesen.
Der zu niedrige Cortisolspiegel könnte zusammen mit anderen Werten in Zukunft möglicherweise ein Biomarker werden. Vielleicht wird die Messung der Cortisolkonzentration es in Zukunft sogar ermöglichen, die Schwere der Erkrankung vorauszusagen und Therapieansätze zu finden. »Wir benötigen jetzt Medikamentenstudien, und die müssen begleitet werden von einem umfangreichen Biomarkerprogramm, um damit auch mehr über die Erkrankungsmechanismen zu verstehen«, so Carmen Scheibenbogen, Immunologin an der Berliner Charité. Iwasaki schreibt auf Twitter: »Wir hoffen, dass diese Daten denen, die immer noch skeptisch sind, helfen zu verstehen, dass Long Covid real ist und eine biologische Basis hat.«