Umstrittene Befruchtungsmethode Ein Kind, drei Eltern

Befruchtung im Reagenzglas: Auch mit dem Erbgut dreier Eltern möglich
Foto: Ralf Hirschberger/ picture alliance / dpaWas im Reagenzglas schon funktioniert, soll jetzt am Menschen erprobt werden. Zumindest wenn es nach dem Wunsch ambitionierter Forscher geht. Die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA debattiert momentan in einem Expertengremium, ob sie die "Drei-Eltern-IVF"-Methode - die künstliche Befruchtung mit dem Erbgut dreier Menschen - zu Forschungszwecken erlauben soll.
Die Methode ist umstritten. Die Debatte schwelt, seit Forscher von der amerikanischen University of Oregon 2009 erstmals die Mitochondrien in Eizellen von Affen austauschten. Erst im vergangenen Jahr sprachen sich britische Wissenschaftler dafür aus, die Befruchtungstechnik beim Menschen zu erlauben. Noch in diesem Jahr soll das Thema im britischen Parlament diskutiert werden.
Die Technik könnte Frauen helfen, die unter einer bestimmten Form von Erbkrankheit, einer Mitochondriopathie, leiden.
So funktioniert die Methode:
- Einer Frau, die unter einer mitochondrialen Krankheit leidet und ein Kind möchte, werden Eizellen entnommen. Im Labor wird aus einer Zelle das Kern-Erbgut isoliert.
- Eine zweite, gesunde Frau, spendet ebenfalls Eizellen. Eine Zelle wird entkernt. Sie enthält also noch die Mitochondrien, aber nicht mehr das im Zellkern vorhandene Erbgut.
- Der im ersten Schritt isolierte Zellkern wird in die Eizelle der Spenderin übertragen.
- Die Eizelle wird mit einem Spermium des gewünschten Vaters befruchtet.
- Der Embryo kann einer Frau eingepflanzt werden - wie bei jeder künstlichen Befruchtung.
Schätzungen zufolge leidet etwa eins von 5000 bis 10.000 Neugeborenen an einer Mitochondriopathie. Bei diesen Krankheiten ist das Erbgut der Mitochondrien defekt. Die Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. Arbeiten sie nicht richtig, kann das schwerwiegende Folgen haben. Zu dieser Gruppe von Erbkrankheiten zählen Muskelkrankheiten, neurodegenerative Krankheiten und bestimmte Formen von Diabetes und Krebs. Auch bei Alzheimer, Parkinson und Chorea Huntington könnten Mitochondrien-Defekte eine Rolle spielen, vermuten Wissenschaftler. Wie die meisten Gendefekte sind Mitochonriopathien bisher nicht heilbar, Mediziner können nur die Symptome behandeln.
Kein Wunder also, dass sich Forscher viel von der Befruchtungstechnik erhoffen. Nichtsdestotrotz sind die Experimente umstritten. Kritiker halten sie für unethisch. Auch das FDA-Gremium ist vorsichtig. Viele Teilnehmer hätten das Gefühl, dass bisher nicht genug Daten aus Tierversuchen beisammen seien, um mit Versuchen am Menschen zu beginnen. Es müssten zuerst weitere Fragen beantwortet werden, sagte Evan Snyder, Vorsitzender des Komitees und Stammzellforscher am kalifornischen Medical Research Institute in La Jolla am Ende des ersten Sitzungstages.
Eine schnelle Entscheidung ist nicht zu erwarten. Die FDA folgt zwar häufig den Empfehlungen ihrer Expertengremien, muss es aber nicht.
Eine vergleichbare Diskussion wäre in Deutschland schwierig. Hierzulande ist die Gesetzgebung sehr viel strenger, unter anderem sind Eizellspenden verboten. Eine mögliche Einführung der Methode wäre noch schwieriger durchzusetzen als in den USA oder Großbritannien.