Affen-Experiment Kleine Rückenmark-Schäden heilen von selbst

Regeneratives Rückenmark: An Rhesusaffen testeten die Forscher ihre Theorie
Foto: epa Paul Hilton/ picture-alliance/ dpaIst das Rückenmark schwer geschädigt, besteht kaum eine Chance auf Heilung - die Betroffenen müssen mit der Lähmung leben: Von der Verletzung abwärts können sie keinen Muskel mehr bewegen. Seit Jahren suchen Forscher nach Möglichkeiten, Rückenmarkschäden zu behandeln - etwa mit Hilfe embryonaler Stammzellen zu ersetzen. Doch der Durchbruch ist bislang ausgeblieben.
Wissenschaftler aus den USA und der Schweiz haben jetzt einen anderen Ansatz gewählt: Sie untersuchten, wie kleinere Rückenmarksverletzungen von selbst heilen. Dazu führte das Team um Mark Tuszynski von der University of California in San Diego ein Experiment mit 14 Rhesusaffen durch, das von den Tieren viel abverlangte. Wie sie im Fachmagazin "Nature Neurosicence" berichten, durchtrennten sie bei einigen der Affen einen Teil des Rückenmarks und beobachteten, wie sich die Bewegungsfähigkeit der Tiere in den darauf folgenden acht Monaten veränderte. Zudem untersuchten sie, ob im verletzten Bereich des Rückenmarks neue Nervenverbindungen entstanden.
Die Nervenstränge, die inmitten der Wirbelsäule laufen, dienen dem Gehirn als Kommunikationsweg mit Muskeln, Haut und inneren Organen. Ist das Rückenmark zerstört, führt dies zu Lähmungen. Da auch der Rückweg der Signale vom Körper zum Hirn unterbrochen ist, schwindet das Gefühl in den betroffenen Bereichen. Auch die Funktion von Blase und Darm kann eingeschränkt sein.
Mehr als die Hälfte der ursprünglichen Verbindungen ersetzt
Im Experiment konnten die Rhesusaffen direkt nach dem chirurgischen Eingriff die rechte Hand und das rechte Bein kaum kontrollieren. In den kommenden Wochen regenerierte sich das Rückenmark allerdings überraschend stark. Nach vier Wochen konnten sich die Affen wieder wesentlich besser bewegen. "Die Menge der Nervenverknüpfungen im Rückenmark fiel direkt nach der Verletzung um 80 Prozent", sagt Ephron Rosenzweig, einer der an der Studie beteiligten Forscher. "Aber mehr als die Hälfte der ursprünglichen Verbindungen wurden durch neue ersetzt."
Die Ursprungsorte dieses Wachstums waren nach Angaben der Forscher die Fortsätze von Nervenzellen, sogenannte Axonen, die bei der Operation verschont worden waren. Was genau das Wachstum auslöste, ist aber noch unklar. Bei Nagetieren, an denen Rückenmarksverletzungen meist untersucht werden, findet eine Regeneration in diesem Maßstab nicht statt.
Tuszynski und seine Kollegen wollen das nun genauer untersuchen. Die Forscher hoffen, dass sich mit Hilfe kommender Forschungsergebnisse Medikamente oder gentherapeutische Ansätze entwickeln lassen, die Querschnittsgelähmten helfen. Ob dies tatsächlich möglich ist, muss sich jedoch noch zeigen. Und selbst wenn - es dürfte noch Jahre dauern, bis tatsächlich an eine neue Behandlungsmethode zu denken ist.