Genschere Crispr/Cas9 Forscher heilen HIV-infizierte Mäuse

Eine HIV-Infektion lässt sich heute gut behandeln, aber nicht heilen. Forscher haben die Erreger nun bei Mäusen erstmals mithilfe einer Genschere und moderner Medikamente vollständig entfernt.
HIV unter dem Elektronenmikroskop: Reservoire mit neuen Verfahren angreifen

HIV unter dem Elektronenmikroskop: Reservoire mit neuen Verfahren angreifen

Foto: Hans Gelderblom/Robert Koch Institut/dpa

Forscher haben den Aids-Erreger HIV aus dem Erbgut lebender Tiere eliminiert. Gelungen sei das mit einer Kombination moderner Medikamente und der Genschere Crispr/Cas9, berichten sie im Fachjournal "Nature Communications" .

Bei fünf von 13 behandelten Mäusen konnten die Wissenschaftler das Virus nach der Therapie nicht mehr nachweisen. Demnach wurden auch die HI-Viren bekämpft, die inaktiv im Erbgut der Körperzellen ruhen. Moderne Medikamente schaffen das nicht.

Aids zu heilen, ist bislang nicht möglich. Man kann eine HIV-Infektion aber gut mit antiretroviralen Medikamenten behandeln. Die Arzneien können die Erreger so weit zurückdrängen, dass sie nicht mehr nachweisbar sind. Die Patienten sind dann auch nicht mehr ansteckend. Allerdings erreichen die Mittel nicht jene Viren, die inaktiv in Zellen des Körpers ruhen.

Solche Reservoire gibt es in verschiedenen Organen, etwa im Darm oder im Gehirn. Setzen Patienten ihre Arzneien ab, breitet sich das Virus wieder aus. Forscher versuchen deshalb seit Jahren, die Reservoire mit neuen Verfahren anzugreifen.

Doppelschlag gegen das Virus

Forscher um Kamel Khalili von der Temple University in Pennsylvania und Howard Gendelman von der University of Nebraska haben nun zwei Therapieansätze kombiniert. Zum einen gaben sie den Versuchsmäusen ein Mittel, das die Aktivität der HI-Viren für mehrere Tage verminderte - "Laser ART" genannt. Ergänzend dazu schnitten sie mit der Genschere Crispr/Cas9 Virenerbgut aus der DNA befallener Zellen.

Bei wiederholter Behandlung sank die Virusmenge im Körper von fünf Tieren so stark, dass sie nicht mehr nachweisbar war und blieb bis zum Ende der Studie fünf Wochen später auf diesem Niveau. In Mäusen, die jeweils mit nur einer der Methoden behandelt wurden, blieb das Virus hingegen weiter vorhanden.

Die Studie sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem möglichen Heilmittel für eine HIV-Infektion, es brauche allerdings noch weitere Forschung, berichten die Wissenschaftler. Forscher, die nicht an der Arbeit beteiligt waren, sehen das ähnlich. Ruth Brack-Werner, Virologin am Helmholtz-Zentrum in München, spricht von einer "sehr wichtige Studie". Sie warnt aber davor, sich zu große Hoffnungen darauf zu machen, dass es bald ein HIV-Heilmittel geben wird.

"Da muss noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden"

Die Zahl der Mäuse in den Studien sei sehr gering gewesen. Zudem müsse die Erfolgsquote von gut einem Drittel erhöht werden. Anschließend seien Tests an weiteren Tierarten nötig, bevor man erste Versuche am Menschen wagen könne. "Indirekt ist es ein Hoffnungsschimmer, direkt anwendbar am Menschen ist es aber noch nicht, da muss noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden."

Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI)  in Berlin leben rund 86.000 Menschen in Deutschland mit dem HI-Virus. Menschen aus Risikogruppen können sich inzwischen mit Medikamenten vor einer HIV-Infektion schützen. Vor allem schwule Männer verwenden die HIV-Prophylaxe "PrEP" (Prä-Expositions-Prophylaxe). Die Kosten für die Arzneien werden bislang allerdings nicht von den Krankenkassen bezahlt.

jme/dpa

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