Aids Forscher enträtseln natürliche HIV-Immunität

Elektronenmikroskopische Aufnahme von HI-Viren: Mutationsfreudige Erreger
Foto: DPA/ Robert Koch InstitutMargeret Johnston, die ranghöchste Impfstoffentwicklerin des National Institutes of Health (NIH) der USA, hegte vor einigen Jahren eine große Hoffnung: Es gebe durchaus eine Chance, eine zumindest teilweise wirksame Impfung noch im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts zu finden, sagte sie seinerzeit auf der Welt-Aids-Konferenz.
Zwar haben Forscher eine Reihe vielversprechender Ansätze für ein solches Vakzin gefunden, und seither sind viele Durchbrüche gemeldet worden. Doch ein wirklich wirksamer Impfstoff scheint nach wie vor in weiter Ferne. Es könnte also durchaus sein, dass eine aktuelle Veröffentlichung von Wissenschaftlern des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (MIT) im Fachjournal "Nature" nur vorsichtig als Durchbruch zu werten ist. Und dennoch ist das Ergebnis des Teams um Bruce Walker und Arup Chakraborty beachtenswert.
Die Wissenschaftler haben herausgefunden, warum Menschen mit einer bestimmten Genvariante immun gegen eine HIV-Infektion sind. Und diese Erkenntnis könnte ein weiterer wichtiger Fortschritt auf der Suche nach einem Impfstoff sein.
Die meisten HIV-Infizierten erkranken ohne Therapie an der Immunschwächekrankheit Aids. Doch bei etwa einem von 200 Patienten bleibt die Anzahl der Viren im Blut so gering, dass die Krankheit erst viel später oder überhaupt nicht ausbricht. Ein großer Teil dieser Menschen trägt die immunisierende HLA-B57-Variante.
Mehr wirksame Killerzellen
Offenbar - und das ist die neue Entdeckung der Wissenschaftler - besitzen HLA-B57-positive Personen eine weitaus höhere Anzahl an sogenannten T-Killerzellen. Bei diesen Zellen ist die Fähigkeit, sich an eine HIV-infizierte Zelle zu binden deutlich verbessert.
T-Killerzellen erkennen Körperzellen, die mit Viren oder Bakterien infiziert sind: Auf ihrer Oberfläche befindet sich ein Rezeptor, der körperfremde Proteine auf der Oberfläche der infizierten Zelle erkennt und sich daran bindet. Die Abwehrzellen töten den Erreger und patrouillieren anschließend unermüdlich durch den Körper auf der Suche nach weiteren befallenen Zellen. Als zusätzliche Gegenmaßnahme klonen sich T-Killerzellen selbst und erhöhen so die Abwehrkraft.
Doch bevor die T-Killerzellen eine aktive Rolle in der Verteidigung des Körpers spielen können, müssen sie einen Selektionsprozess überstehen: Docken sie an körpereigene Proteine an, werden die T-Zellen beseitigt. So wird verhindert, dass das Immunsystem später gesundes Gewebe angreift. Bei Menschen mit der HLA-B57-Variante schlüpfen mehr Killerzellen durch diesen Auswahlprozess. Sie sind deshalb kreuzreaktiv - das bedeutet, sie können mehr als nur ein Protein erkennen, das bei HIV-infizierten Zellen auf der Oberfläche sitzt. Zudem sind diese T-Zellen in der Lage, einen wichtigen Verteidigungsmechanismus der HI-Viren zu umgehen: Ihnen entgehen auch mutierte Viren nicht, die gewöhnliche Killerzellen nicht mehr erkennen.
Die Medaille hat aber auch eine Kehrseite: Menschen mit HLA B57 sind anfälliger für Autoimmunerkrankungen, weil ihre T-Zellen auch gern an körpereigene Proteine binden und somit eine Reaktion gegen den eigenen Organismus auslösen. Dennoch stellen die Ergebnisse einen wichtigen Erfolg im Kampf gegen Aids dar, schreiben die Wissenschaftler.
Für Chakraborty öffnen sich im Hinblick auf einen potentiellen Impfstoff vielversprechende Perspektiven: Jeder Mensch besitze kreuzreaktive T-Killerzellen, sie seien nur äußerst rar. Mit dem richtigen Impfstoff könnten sie jedoch aktiviert werden, um ihre Fähigkeiten in den Dienst der Kontrolle über HIV und andere Viren zu stellen.