Alkoholkonsum Der Rausch begann vor zehn Millionen Jahren

Alkohol steht wohl schon seit zehn Millionen Jahren auf dem Speiseplan des Menschen und seiner Vorfahren. Erbgutanalysen legen nahe, dass die Fähigkeit zum Abbau des Rauschmittels ein evolutionärer Vorteil war.
Alkohol: Hochprozentiges konsumieren Menschen noch nicht allzu lange

Alkohol: Hochprozentiges konsumieren Menschen noch nicht allzu lange

Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/ dpa

Die Vorfahren des Menschen haben vermutlich bereits vor mindestens zehn Millionen Jahren Alkohol konsumiert. Zumindest waren ihre Körper damals bereits in der Lage, das Rauschmittel abzubauen, schreiben Forscher im Fachblatt "Proceedings of the National Academy of Sciences". Diese Fähigkeit verschaffte den menschlichen Ahnen demnach einen wichtigen evolutionären Vorteil in einer Zeit, als sie sich an ein Leben am Boden anpassen mussten.

Bislang gingen viele Forscher davon aus, dass Menschen Alkohol erst seit etwa 9000 Jahren konsumieren. Damals fing Homo sapiens damit an, Nahrungsmittel zu lagern und Fermentierungsprozesse gezielt zur Alkoholproduktion zu nutzen. Entsprechend wurde angenommen, dass Alkoholismus Ausdruck einer unvollständigen Genom-Anpassung ist: Da der moderne Mensch erst seit verhältnismäßig kurzer Zeit Ethanol zu sich nehme, sei der Körper noch nicht in der Lage, diesen verträglich abzubauen.

Das Team um den Biologen Matthew Carrigan vom Santa Fe College in Gainesville (US-Staat Florida) analysierte nun das Enzym ADH4 (Alkoholdehydrogenase 4), das am Alkoholabbau beteiligt ist. Anhand der Gene von 28 Säugetieren, darunter 17 Primaten, rekonstruierten die Wissenschaftler die Evolutionsgeschichte des Enzyms über einen Zeitraum von 70 Millionen Jahren.

Die Untersuchung deutet darauf hin, dass vor mindestens zehn Millionen Jahren eine einzelne genetische Mutation unsere Ahnen - damals lebte noch der letzte gemeinsame Vorfahr von Mensch, Schimpanse und Gorilla - in die Lage versetzte, Alkohol abzubauen. Diese Fähigkeit bot möglicherweise einen entscheidenden evolutionären Vorteil, denn damals befand sich die Erde in einem dramatischen klimatischen Umbruch.

Erst mit Hochprozentigem begannen die Probleme

Während dieses Klimawandels vor etwa 15 Millionen Jahren wandelten sich die ausgedehnten Wälder Ostafrikas zu Graslandschaften. Infolgedessen mussten sich die dort lebenden menschlichen Ahnen an ein Leben auf dem Boden anpassen. Hier fanden sie den Forschern zufolge als Nahrungsmittel vermehrt Fallobst, das tendenziell einen höheren Ethanolgehalt aufweist als Früchte, die vom Baum gepflückt werden.

Die Fähigkeit, diese Früchte verdauen zu können, bedeutete wahrscheinlich gerade in Zeiten der Nahrungsmittelknappheit einen wichtigen Vorteil. Für die Wissenschaftler sind die Ergebnisse ihrer Studie nicht nur wichtig für das Verständnis der Anpassung von Hominiden an ein Leben auf dem Boden. Zu einem Gesundheitsproblem sei der Umgang mit Alkohol erst geworden, als der Mensch Methoden entwickelte, Getränke mit höherem Ethanolgehalt herzustellen, schreiben die Forscher.

hda/dpa
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