Brustkrebsvorsorge Mediziner fordern Kernspin statt Mammografie

Die Brustkrebsvorsorge kämpft mit Problemen: Seit der Einführung des staatlichen Früherkennungsprogramms mehren sich die kritischen Stimmen, die am Nutzen des Massenscreenings zweifeln. Eine Studie belegt jetzt zudem, dass die Kernspin-Tomografie der Mammografie weitaus überlegen ist.
Brustkrebsvorsorge: "Die Leitlinien wurden ohne konkrete Beweislage aufgestellt"

Brustkrebsvorsorge: "Die Leitlinien wurden ohne konkrete Beweislage aufgestellt"

Foto: Z1009 Jan-Peter Kasper/ dpa

Die Früherkennung von Brustkrebs sollte nach Ärzteansicht geändert werden. Statt einer Mammografie sollten Mediziner viel häufiger als bisher die sogenannte Magnetresonanztomografie (MRT), auch Kernspin-Tomografie genannt, einsetzen. Zu diesem Schluss kommen Christiane Kuhl und ihre Kollegen von der Radiologischen Universitätsklinik Bonn in einer neuen Studie, die im "Journal of Clinical Oncology"  veröffentlicht wurde. Demnach hatten die Forscher mit Hilfe der MRT wesentlich mehr Tumore korrekt erkannt als mit Mammografie oder Ultraschall.

687 Frauen mit genetisch bedingtem erhöhtem Brustkrebsrisiko nahmen an der Studie teil. Über fünf Jahre wurden sie jährlich mittels MRT, Mammografie und Ultraschall untersucht. Bei 27 von ihnen fanden die Mediziner in diesem Zeitraum Brustkrebs oder Vorstufen davon. Die MRT-Untersuchung erkannte 25 Erkrankungen - ein Anteil von 93 Prozent. Der Ultraschall kam nur auf 37 Prozent und die Mammografie auf 33 Prozent. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass zukünftig auch Frauen mit nur mäßig erhöhtem Risiko eine MRT zur Früherkennung angeboten werden sollte.

Auch die Kombination von MRT und Mammografie brachte keine signifikante Verbesserung der Erkennungsrate. Die Studie zeige, dass bei einer MRT-Früherkennung die Entdeckungsrate von Brustkrebs oder Brustkrebs-Vorstufen durch eine Mammografie oder Sonografie nicht zu verbessern sei. Kuhl und ihre Kollegen schließen daraus, dass MRT allein zur Früherkennung ausreichend ist.

Leitlinien in Frage gestellt

Damit stellen die Forscher die geltenden Leitlinien zur Früherkennung in Frage. Diese empfehlen, dass die rund 450 Euro teure MRT ausschließlich zusätzlich zu Mammografie und Sonografie eingesetzt wird. Insbesondere die Mammografie, die rund 110 Euro kostet, gilt bisher als unverzichtbar. Und bei Risikopatientinnen soll eine Untersuchung jährlich erfolgen - schon in jungen Jahren.

Für Christiane Kuhl ist angesichts der Strahlenbelastung diese Leitlinie nicht mehr haltbar: "Wir haben starke Hinweise darauf, dass Frauen mit dem Brustkrebs-Gen eine höhere Anfälligkeit für Röntgenstrahlung haben." Somit bestehe das Risiko, dass erst durch die vielen Röntgenuntersuchungen ein Brustkrebs bei diesen Frauen ausgelöst werde, sagt Kuhl SPIEGEL ONLINE. Gerade bei jungen Frauen mit sehr hohen genetischem Risiko sei daher das Verhältnis von Nutzen und Risiko einer Mammografie immer schon fraglich gewesen.

Bereits in früheren Studien hatte Kuhl die Überlegenheit der Kernspintomografie gegenüber der Mammografie belegt. Der Nutzen der Mammografie hingegen wird schon seit langem kritisch diskutiert. Trotzdem ist sie die übliche Früherkennungsmethode bei Brustkrebs. "Die bisherigen Leitlinien wurden damals ohne konkrete Beweislage aufgestellt", sagt Kuhl. "Nun haben wir Beweise, aber es passiert einfach nichts." Weil die Krankenkassen kein Geld hätten, um die MRT-Untersuchungen zu finanzieren, fordere man immer mehr Beweise, beklagt Kuhl. "Bis die Sache im Sande verläuft. Da sollte man dann lieber ehrlich sagen: Wir hätten die medizinischen Möglichkeiten - aber wir können sie nicht finanzieren."

lub/dpa
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