Uno-Bericht Die nächste Pandemie kommt bestimmt

Das Coronavirus hat seinen Ursprung im Tierreich - kein Einzelfall, zeigt nun ein Bericht der Uno. Solche Zoonosen werden sich auch in Zukunft ausbreiten. Schuld daran ist der Mensch.
Affe auf einem Markt in Thailand: Drei Viertel der seit den Dreißigerjahren neu aufgetretenen Krankheiten stammen aus dem Tierreich

Affe auf einem Markt in Thailand: Drei Viertel der seit den Dreißigerjahren neu aufgetretenen Krankheiten stammen aus dem Tierreich

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Westend61/ imago images

Ursprünglich bei Tieren vorkommende Krankheiten könnten in Zukunft immer öfter auf den Menschen überspringen - ähnlich wie das mit großer Wahrscheinlichkeit beim neuartigen Coronavirus geschehen ist. Davor warnen das Uno-Umweltprogramm (Unep) und das International Livestock Research Institute (ILRI) in einem aktuellen Bericht.

"Wenn wir weiterhin die Tierwelt ausbeuten und unsere Ökosysteme zerstören, können wir in den kommenden Jahren einen stetigen Strom von Krankheiten erwarten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden", sagte Unep-Chefin Inger Andersen. Der Bericht zeigt, dass dazu unter anderem die zunehmende Nachfrage nach Fleisch, die steigende Urbanisierung und der Klimawandel beitragen.

Covid-19 ist nur ein Beispiel für den Anstieg von Zoonosen - also von Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen. Virologen gehen davon aus, dass es derzeit weltweit 40 Viren mit Pandemiepotenzial gibt. Auch deshalb mahnte Entwicklungsminister Gerd Müller in einem Gastbeitrag im SPIEGEL kürzlich zu einer Reform der globalen Gesundheitspolitik. Sonst könnten regelmäßig Pandemien die Welt heimsuchen.

Das Coronavirus Sars-CoV-2 ist wahrscheinlich von Fledermäusen über ein anderes Tier auf den Menschen übergesprungen. Auch Ebola und Mers haben ihren Ursprung im Tierreich. Schleichkatzen stehen zudem im Verdacht, den eng mit dem aktuellen Coronavirus verwandten Sars-Erreger 2003 auf den Menschen übertragen zu haben.

"Eine höchst vorhersehbare Pandemie"

"Während viele auf der Welt von Covid-19 überrascht waren, waren wir, die über Tierkrankheiten forschen, es nicht", sagte Delia Randolph, eine Veterinär-Epidemiologin beim ILRI. "Dies war eine höchst vorhersehbare Pandemie."

Seit den Dreißigerjahren steigt die Zahl der Krankheiten an - rund 75 Prozent der neuen Leiden stammen von Wildtieren. Oft sind domestizierte Tiere wie Vieh die Überträger.

Für den Anstieg sind nach Angaben des Berichts mehrere menschliche Faktoren verantwortlich:

  • Die Nachfrage nach Tierproteinen und die damit verbundene Massentierhaltung steigen weltweit an. Dadurch werden immer mehr Tiere gezüchtet, die einander genetisch sehr ähnlich sind, was sie anfälliger für Infektionen macht.

  • Hinzu kommt eine zunehmende Ausbeutung der Tierwelt durch das Jagen, den Handel und den Verzehr wilder Tierarten.

  • Durch die Globalisierung können sich die Zoonosen schnell weltweit verbreiten, das Risiko für eine Pandemie steigt.

  • Das Bevölkerungswachstum und die rasante Urbanisierung lassen Städte anwachsen, Wälder werden abgeholzt - dadurch kommen Menschen immer mehr mit der Natur und Tieren in Kontakt.

In einigen Gegenden würden menschliche Aktivitäten die natürlichen Barrieren niederreißen, die Menschen einst vor diesen Erregern geschützt hätten, sagte Doreen Robinson, Leiterin der Abteilung für Wildtiere beim Unep.

"Als würde man nur die Symptome behandeln und nicht die Ursache"

Ein Beispiel dafür ist Ebola. Ausbrüche der gefährlichen Krankheit konnten sich früher nicht groß ausbreiten, weil weniger Menschen in einem Gebiet lebten und diese viel weniger mobil waren. Doch das ist heute anders. Der Ebola-Ausbruch im Osten der Demokratischen Republik Kongo konnte sich unter anderem wegen der Bevölkerungsdichte in der Region fast zwei Jahre lang halten.

Auch der Klimawandel befeuert den Anstieg der Krankheiten. Höhere Temperaturen können Erregern und Überträgern gute Bedingungen in neuen Regionen schaffen. So breitet sich beispielsweise die Tigermücke immer weiter gen Norden aus. Sie kann Infektionskrankheiten wie das Dengue- oder West-Nil-Fieber übertragen.

Die angesprochenen Probleme müssten ernst genommen und angegangen werden, um die Gefahr zunehmender Krankheiten wie Covid-19 zu reduzieren, mahnten die Forscher. Die Epidemien lediglich zu bekämpfen, wäre nicht nachhaltig. Das wäre, als würde man bei einem kranken Menschen "nur die Symptome behandeln und nicht die zugrunde liegenden Ursachen".

koe/dpa
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