Corona Ema hält an Empfehlung von AstraZeneca-Impfstoff fest

Die europäische Arzneimittelbehörde Ema kann einen Zusammenhang der AstraZeneca-Impfung mit seltenen gefährlichen Gerinnseln im Hirn nicht sicher ausschließen. Dennoch überwiegt aus ihrer Sicht der Nutzen das Risiko.
Spritze mit Corona-Vakzine bei einem Impfprojekt in Sachsen

Spritze mit Corona-Vakzine bei einem Impfprojekt in Sachsen

Foto: Jens Schlueter / Getty Images

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (Ema) hat sich für einen weiteren, uneingeschränkten Einsatz des Coronaimpfstoffs von AstraZeneca ausgesprochen. Zwar könne ein Zusammenhang mit extrem seltenen, speziellen Thrombosen nicht ausgeschlossen werden. Dem stünden jedoch deutlich größere Gefahren durch Covid-19 gegenüber. Ema-Chefin Emer Cooke bezeichnete die Impfung als »sicher und effektiv«.

Menschen, die sich impfen lassen wollen, sollten der Behörde zufolge jedoch über die mögliche Gefahr solcher Gerinnsel aufgeklärt werden. Es werde eine Extrawarnung vor seltenen Blutgerinnseln in Hirnvenen bei den möglichen Nebenwirkungen aufgenommen.

Das Risiko anderer Formen von Blutgerinnseln, die viel häufiger vorkommen, aber auch weniger gefährlich sind, wird laut der Ema nach derzeitigem Kenntnisstand durch die Impfung nicht erhöht. Die Bedenken beschränken sich aktuell auf sogenannte Sinusvenenthrombosen im Gehirn, die zusammen mit einem Mangel an Blutplättchen und inneren Blutungen auftreten können.

Die Empfehlung basiert auf einer Entscheidung des sogenannten Pharmakovigilanzausschusses der Ema, kurz PRAC. Er tagt, wenn bei einem zugelassenen Impfstoff oder Medikament mögliche Komplikationen auftreten. In dem Komitee sitzen unter anderem Vertreter aller EU-Staaten sowie von der EU-Kommission benannte unabhängige Expertinnen und Experten. Der Ausschuss sei zu einer »eindeutigen wissenschaftlichen Schlussfolgerung« gekommen, sagte Cooke.

Die Informationen reichten aktuell nicht aus, um sicher sagen zu können, ob die seltenen, gefährlichen Gerinnsel durch die Impfung verursacht würden oder nicht, erklärte Sabine Straus, Vorsitzende des PRAC, bei einer Pressekonferenz. Daher würden die Prüfungen und Studien fortgesetzt.

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Deutschland: Mittlerweile 13 Fälle berichtet

Unter anderem Deutschland hatte die Impfung mit der AstraZeneca-Vakzine kürzlich ausgesetzt, nachdem ein möglicher Zusammenhang mit den Gerinnseln offensichtlich wurde. In Deutschland wurden im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung laut Bundesgesundheitsministerium  mittlerweile 13 Fälle der seltenen Hirnvenenthrombose gemeldet. Betroffen sind zwölf Frauen und ein Mann zwischen 20 und 63 Jahren. Drei der Betroffenen sind verstorben. Laut Paul-Ehrlich-Institut wäre gemessen an den 1,6 Millionen verabreichten Impfdosen eigentlich nur ein Fall zu erwarten gewesen.

Am Ende entscheidet immer eine Abwägung der Risiken mit dem Nutzen darüber, ob Impfstoffe oder Medikamente angewendet werden. »Nach derzeitigem Wissen ist der Nutzen des AstraZeneca-Impfstoffs deutlich größer als seine Risiken«, sagte auch Hans Kluge, europäischer Generaldirektor der WHO, am Donnerstag. Er appellierte an die Länder Europas, die Vakzine weiter zu nutzen, um Leben zu retten. In den vergangenen Tagen hatten mehr als 20 europäische Staaten die Impfung mit AstraZeneca ausgesetzt.

Andersherum gedacht, zählte die Tatsache, dass auch junge Menschen von den seltenen, lebensbedrohlichen Blutgerinnseln nach den Impfungen betroffen sind, zu den Gründen, aus denen das deutsche Paul-Ehrlich-Institut für einen vorläufigen Impfstopp plädierte. Gerade junge Menschen haben ein verhältnismäßig geringes Risiko, an Covid-19 zu sterben.

In Deutschland wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten an diesem Freitag per Telefonkonferenz über den Fortgang der Impfkampagne beraten. Auch der Zeitplan für einen breiten Impfstart in Arztpraxen soll dabei besprochen werden.

irb
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