Drosten und Ciesek antworten Gibt es Treiber der Pandemie?

Corona-Schnelltests an einer Schule in Sachsen-Anhalt
Foto: Holger John / dpaSind es die Kinder? Die jungen Erwachsenen? Oder doch die Hochbetagten? Im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 wird häufig diskutiert, wer die Pandemie anfacht. Die Wahrheit aber ist: Es gibt gar keine Treiber der Pandemie. Viel entscheidender als etwa das Alter einer Person seien die äußeren Umstände, erklärten Expertinnen und Experten bei einer Podiumsdiskussion der Deutschen Gesellschaft für Virologie .
»Wir haben weiterhin den Eindruck, dass eigentlich alle Altersgruppen gleich viel Virus ausscheiden«, sagte etwa Christian Drosten von der Charité in Berlin. Manche Daten wiesen zwar darauf hin, dass Kinder einen Tick weniger Viren bildeten. Diese Unterschiede seien jedoch sehr gering und ließen sich unter anderem dadurch erklären, dass die Abstrichtupfer bei Kindern viel kleiner seien, so Drosten weiter.
Podiumsdiskussion beim Virologenkongress | https://t.co/iA8rwRKgdh https://t.co/SnGIu3OADe
— Christian Drosten (@c_drosten) March 27, 2021
Genauso könne man sagen, dass ganz alte Menschen eine etwas höhere Viruslast haben, also etwas mehr Viren ausscheiden. »Das mag vielleicht damit zu tun haben, dass die akute Immunreaktion ein bisschen schwächer ist«, erklärte Drosten. Diese Gruppe reagiere auch auf Impfungen ein bisschen schlechter. »Aber ansonsten sind wir alle gleich für dieses Virus.«
Diskussionen darüber, welche Gruppen gerade nicht Treiber der Pandemie seien, bezeichnete Drosten als »manchmal auch ein bisschen interessengeleitet«. »Weil auch gesagt werden sollte, wo man vielleicht weniger Maßnahmen anwenden kann«, so Drosten. Dies sei jedoch kein wissenschaftlicher Angang.
Unterschied zur Grippe – dort gibt es Treiber
Dieser Meinung ist auch Sandra Ciesek, Virologin an der Universität Frankfurt. Bei der Frage nach möglichen Treibern unterscheide sich Corona von der Grippe, bei der viele ältere Menschen geimpft seien oder die Infektion schon mehrmals in ihrem Leben durchgemacht hatten. »Sie haben deshalb eine gewisse Teilimmunität, also ein bisschen Schutz davor«, so Ciesek. »Das haben kleine Kinder nicht, die gerade im Kindergarten sind.«
Kleine Kinder seien deshalb bei Grippewellen hauptsächlich betroffen, infizierten sich häufiger und trügen den Erreger auch eher in andere Bevölkerungsschichten. »Wenn man jetzt an Sars-CoV-2 denkt, gibt es diese Teilimmunität nicht«, sagte Ciesek. »Das heißt, jeder von uns kann sich infizieren, und keiner hatte schon mal vor Jahren eine solche Infektion.«
Ausschlaggebend für die Verbreitung des Coronavirus ist vielmehr, wo Kontakte unter welchen Umständen stattfinden. Haben Schulen oder Kitas etwa aufgrund der besonderen Bedürfnisse geöffnet, während viele andere Bereiche geschlossen sind, kommt es dort auch eher zu Infektionen. Das Risiko lässt sich jedoch durch Hygienemaßnahmen senken.
»Man kann Treiber nicht einer bestimmten Altersgruppe oder Bevölkerungsgruppe zuordnen, sondern eigentlich nur Situationen«, sagte Thomas Stamminger, Virologe am Universitätsklinikum Ulm. »Immer dann, wenn Leute schlampig mit Hygienemaßnahmen umgehen und keine Masken tragen, muss man mit Übertragungen dieses Virus rechnen. Das ist letztendlich vollkommen unabhängig davon, ob das ältere Menschen sind oder Kinder.«
B.1.1.7: Durch größere Virusmengen ansteckender
Neben diesem Thema äußerten sich die Virologinnen und Virologen unter anderem zur Frage, warum B.1.1.7 ansteckender ist als der Wildtyp des Virus. Wer sich mit der Mutante infiziert, scheidet demnach größere Virusmengen aus als beim Wildtyp. Hinzu kommen Hinweise, dass Betroffene die Viren auch über einen längeren Zeitraum ausscheiden und damit länger ansteckend sind.
Trotz dieser Erkenntnisse ändert sich erst mal nichts an den bereits bestehenden Schutzmaßnahmen. Abstandsregeln und Masken etwa schützten auch vor B.1.1.7, hieß es auf dem Podium. Allerdings müsse man davon ausgehen, dass Verhaltensfehler schneller bestraft würden.