Covid-19 Offenbar gehäufte Impfdurchbrüche bei Impfstoff von Johnson & Johnson

Aufgezogene Spritzen mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson
Foto: Misha Jordaan / Gallo Images / Getty ImagesBeim Impfstoff der Firma Johnson & Johnson werden offenbar vermehrt Impfdurchbrüche beobachtet. Bislang erkrankten in 6106 Fällen Menschen trotz vollständigem Impfschutz durch das Mittel, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI) in seinem aktuellen Wochenbericht .
Laut RKI haben bislang gut drei Millionen Menschen eine Johnson & Johnson-Impfung bekommen. Auf eine Million Geimpfte kämen demnach grob überschlagen 2000 Impfdurchbrüche. Zum Vergleich: Bei Menschen, die als zweite Dosis den am häufigsten in Deutschland verwendeten Impfstoff von Biontech/Pfizer erhalten haben, sind es diesen Zahlen zufolge rund 675 Durchbrüche pro eine Million vollständig Geimpfte.
Die Vakzine von Johnson & Johnson ist der einzige bisher in der EU zugelassene Corona-Impfstoff, bei dem laut EU-Arzneimittelbehörde (Ema) nur eine Dosis für einen vollständigen Impfschutz nötig ist.
Die Vakzine ist deshalb in den vergangenen Monaten verstärkt für Menschen genutzt worden, die nur schwer für eine zweite Impfung zu erreichen sind – etwa bei Einsätzen mobiler Impfteams, um Wohnungslose oder Menschen in sozialen Brennpunktvierteln zu immunisieren. In Deutschland ist die Vakzine von der Ständigen Impfkommission (Stiko) nur für Menschen über 60 Jahre empfohlen.
Nach dieser Impfung dauere es länger als nach den mRNA-Impfungen, bis sich ausreichend Antikörper gebildet hätten, sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, der Deutschen Presse-Agentur. »Teilweise steigen die Spiegel mehr als einen Monat nach der Impfung noch an.«
Vor einer schweren Corona-Erkrankung schütze die Vakzine aber sehr wohl
Da die Antikörperspiegel deutlich unterhalb derer lägen, die durch die anderen Impfstoffe erzeugt werden, scheine der Schutz vor einer Corona-Infektion nach der Janssen-Impfung also deutlich schlechter, sagte Watzl. Vor einer schweren Corona-Erkrankung schütze die Vakzine aber sehr wohl, betonte er.
Es sei alles andere als überraschend, dass bei einem solchen Impfstoff eine einmalige Dosis nur einen zeitlich limitierten Schutz auslöse, sagte Stiko-Mitglied Christian Bogdan der dpa. Die Impfdurchbrüche seien zum einen auf das Ein-Dosis-Impfschema zurückzuführen – und nur für dieses habe die Firma bislang eine Zulassung, so Bogdan. Zum anderen entwickelten die Über-60-Jährigen, bei denen die Vakzine in Deutschland aufgrund ihres Nebenwirkungsprofils primär angewendet werde, wiederum nach Impfungen im Vergleich zu jungen Menschen eine geringere und weniger lang anhaltende Immunantwort. Als dritter Faktor komme auch noch die hochinfektiöse Delta-Variante hinzu.
Mit Blick auf die aufkeimende Diskussion, ob folglich eine zweite Impfdosis empfohlen oder vorgeschrieben werden müsse, erklärt Stiko-Mitglied Bogdan, dass die Firma aktuelle Studien zur Impfung mit der Vakzine in einem Zwei-Dosis-Schema durchführe. Publizierte Ergebnisse in begutachteten Fachjournalen lägen aber noch nicht vor.
Auch andere Länder melden steigende Zahlen von Impfdurchbrüchen mit Johnson & Johnson. Krankenhäuser in Marseille und Tours berichteten etwa, dass auffallend viele Geimpfte auf der Intensivstation das Präparat von Johnson & Johnson erhalten hatten. In Marseille waren es mit Stand Dienstag vier von elf Eingelieferten, in Tours drei von neun.
Insgesamt infizierten sich in Frankreich seit Beginn der Impfungen mit dem Johnson & Johnson-Impfstoff Ende April etwa 32 von gut einer Million mit dem Präparat geimpften Menschen mit Covid-19. Frankreichs Medikamentenbehörde spricht in diesem Zusammenhang von »Impfversagen«. Die Zahl sei potenziell ein Signal. In den 17 Fällen, bei denen die Virusvariante bekannt ist, hatten sich Menschen mit Delta angesteckt, hieß es in einem Bericht.
Steigende Zahl von Impfdurchbrüchen erwartbar
In Deutschland wurden insgesamt 39.228 wahrscheinliche Impfdurchbrüche mit Meldedatum seit der fünften Kalenderwoche identifiziert, davon 25.767 nach einer abgeschlossenen Impfserie mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer, 6106 mit dem von Johnson & Johnson, 2875 mit dem Mittel von AstraZeneca, 1748 mit dem von Moderna, 1.571 mit einer Kombination von Biontech und AstraZeneca und 279 mit einer Kombination Moderna und AstraZeneca. Die beiden letztgenannten Kombinationen werden umgangssprachlich auch als »Kreuzimpfungen« bezeichnet. Bei weiteren 882 Impfdurchbrüchen gab es keine Auskunft über den Impfstoff.
Eine Sprecherin des Pharma-Konzerns Johnson & Johnson sagte, dass kein Corona-Impfstoff derzeit Infektionen zu 100 Prozent verhindern könne. »Unser zugelassener Covid-19-Impfstoff als Einmaldosis kann jedoch nachweislich dazu beitragen, das Infektionsrisiko zu verringern und schwere Verläufe zu vermeiden«, sagte sie. Für die Einmal-Dosis-Impfung von Johnson & Johnson wiesen Daten auf eine robuste und langanhaltende Wirkung über einen Zeitraum von bisher gemessenen acht Monaten hin – auch gegen Delta und andere Virusvarianten.
Als Impfdurchbruch bezeichnet man eine symptomatische Infektion trotz vollständiger Impfung. Da kein Impfstoff perfekt ist, wirkt eine Impfung nie zu 100 Prozent. Bei steigender Impfquote ist daher auch mit einer steigenden Zahl von Impfdurchbrüchen zu rechnen. Dennoch zeigt der RKI-Wochenbericht auch: Der bei Weitem größte Teil der Menschen, die schwer erkranken, ist nicht geimpft.
Das Institut berechnet die Impfeffektivität anhand eines Vergleichs des Anteils vollständig Geimpfter unter Covid-19-Fällen mit dem Anteil vollständig Geimpfter in der Bevölkerung. So kommt es auf eine durchschnittliche Wirksamkeit der Impfungen in der Altersgruppe 18 bis 59 Jahre von etwa 87 Prozent und für die Altersgruppe der über 60-Jährigen von rund 86 Prozent.
Für den Zeitraum der letzten vier Wochen liege der geschätzte Schutz vor Hospitalisierung bei rund 96 Prozent (in der Altersgruppe 18 bis 59 Jahre) und bei rund 95 bei den über 60-Jährigen. Den Schutz vor einer Behandlung auf der Intensivstation gibt das RKI für die Altersgruppe der 18- bis 59-Jährigen mit 97 Prozent an und für die über 60-Jährigen mit rund 95 Prozent. Vor tödlichen Verläufen schützen die Impfungen zu 100 Prozent in der jüngeren Altersgruppe und zu etwa 92 Prozent in der älteren.