Neue Zahlen vom Bundesamt für Statistik Hohe Übersterblichkeit in der zweiten Coronawelle

Coronaleugner hatten es oft bezweifelt, Ärzte und Pandemieexperten längst geahnt: Die Coronapandemie hat in Deutschland seit ihrem Beginn im Frühjahr 2020 zu einer Übersterblichkeit geführt. Demnach sind mehr Menschen in dem Zeitraum vom März 2020 bis heute gestorben, als »rechnerisch erwartbar« gewesen wäre, sagte der Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes Christoph Unger am Donnerstagvormittag in Berlin.
Seine Experten werteten die Sterbefallzahlen aus und analysierten sie unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, also der Alterung der Gesellschaft. Insgesamt seien allein 2020 bundesweit 985.600 Menschen gestorben, fünf Prozent oder 46.000 mehr als im Jahr zuvor. Allein aufgrund der Alterung der Bevölkerung wäre ein Anstieg der Sterbefallzahlen um nur zwei Prozent oder etwa 20.000 Fälle zu erwarten gewesen.

Derzeit sehe man ebenfalls einen Anstieg der Übersterblichkeit. Ob sich die überdurchschnittlichen Todeszahlen in den kommenden Wochen wiederholen, könne man noch nicht abschätzen, so Christoph Unger.
Die tödliche zweite Welle
Den bisherigen Höhepunkt bei der Übersterblichkeit erreichte Deutschland während des Jahreswechsels 2020/2021. Hier liegt die Kurve deutlich über der mittleren Sterberate. Damals wütete die zweite Coronawelle in Deutschland. Über Weihnachten und Silvester verhängte die Regierung einen Lockdown und Kontaktbeschränkungen. Erst im Frühjahr flachte die Infektionskurve wieder ab.
Auch mit den saisonalen Einflüssen könnte der Anstieg der Sterbezahlen nicht erklärt werden, erklärten die Statistikexperten. In normalen Jahren versterben beispielsweise mehr Menschen in den Wintermonaten an Grippe, im Sommer hingegen gibt es mehr Tote durch Hitze. So seien etwa die Sterberaten durch die Grippewellen von Januar bis März normalerweise erhöht – je nach Stärke der Grippewelle. Im Jahr 2021 fiel die Grippewelle fast komplett aus, deshalb lagen trotz der Coronatodesfälle die Sterberaten ab Februar unter dem mittleren Wert der Vorjahre (siehe Grafik).
Doch schon wenige Wochen später gab es dann eine erhöhte Übersterblichkeit durch die dritte Coronawelle – und das außerhalb der sonst üblichen Grippezeit.

Durchschnittlich elf Tage am Beatmungsschlauch
Das Statistische Bundesamt wertete auch die Todesursachen sowie Krankenhausstatistiken aus. Demnach waren rund 70 Prozent der an Covid-19 Verstorbenen älter als 80 Jahre und hatten Vorerkrankungen.

Bei rund 83 Prozent der mit Corona infizierten Patienten war das auch die Todesursache, in 17 Prozent der Fälle war Corona eine Begleiterkrankung. Häufigste Vorerkrankungen waren Herzleiden und Bluthochdruck, aber auch Demenz, Diabetes und Niereninsuffizienz.
Im Jahr 2020 kamen insgesamt rund 176.000 Personen im Jahr 2020 mit oder wegen Covid-19 im Krankenhaus. Gut ein Fünftel mussten intensivmedizinisch versorgt werden, davon mussten wiederum 60 Prozent künstlich beatmet werden. Die Beatmung dauerte durchschnittlich elf Tage. Jeder sechste mit oder wegen Corona eingelieferte Krankenhauspatient starb.