Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister:
»Ärzte und Pflegekräfte arbeiten seit Monaten – spätestens seit Beginn der zweiten Welle – am Anschlag in vielen Intensivstationen. Und deswegen bin ich dankbar, dass Ricardo Lange heute dabei ist als Intensivpfleger.«
Es ist ein beklemmender Moment, als Intensivkrankenpfleger Ricardo Lange bei der Corona-Pressekonferenz das Wort ergreift. Der 39-Jährige schildert, was es bedeutet, immer wieder sterbende Covid-Patienten zu betreuen, die sich oft nicht einmal mehr von ihren Familien verabschieden können.
Ricardo Lange, Intensivpfleger:
»Stellen Sie sich vor, Sie sind Intensivkrankenpfleger, kommen zum Frühdienst und haben einen Patienten aufgenommen. Er ist wach, ansprechbar, scheinbar stabil. Sie unterhalten sich, reden über Familienverhältnisse, sprechen mit ihm und kurz vor Feierabend sagen sie, es wird alles gut werden – Herr Müller oder wie auch immer – und gehen nach Hause. Sie haben Feierabend. Nächsten Tag kommen sie zum Frühdienst: das Bett ist leer. Der Patient hat die Nacht nicht überlebt, weil er sich in der Nacht so verschlechtert hat, dass er einfach verstorben ist. Und diese Situationen haben wir häufig.«
»Wir werden als Intensivkrankenpfleger immer todkranke Menschen betreuen. Aber in normalen Zeiten sterben die Patienten anders. Sie sterben im Beisein ihrer Familie (…) Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie kommen ins Krankenhaus und müssen Abschied nehmen. Mit Mundschutz, mit Kittel, mit Handschuhen. Sie haben keinen körperlichen Kontakt. Und auch, wenn die Mama noch ansprechbar sein sollte, was in den meisten Fällen leider nicht mehr so ist, sieht sie Sie zum letzten Mal mit Maske, verkittelt. Und das ist das Letzte, was sie sieht.«
»Ich muss sagen, wenn es eine Intensivstation nicht mehr schafft, alle aufkommenden Patienten – und hier reden wir nicht nur von Covid, es gibt auch Schlaganfälle, Verkehrsunfälle und so weiter zu beherbergen – und diese Patienten in anderen Abteilungen der Klinik, die zu provisorischen Intensivstationen umfunktioniert wurden, verlegt werden, muss also ein Patient, der normalerweise auf eine Intensivstation gehört, in einem anderen Bereich verlegt werden – wo natürlich auch das Personal, was diesen Patienten betreut, gar nicht geschult und ausgebildet ist im Umgang mit intensivpflichtigen Patienten. Dann ist die Intensivstation bereits überlastet und da gibt es nach meiner Meinung keinen Interpretationsspielraum.
Und bis heute habe ich noch kein schlüssiges und funktionierendes Konzept vorgelegt bekommen, was in Zukunft zum einen solche Szenarien verhindert, aber auch uns Pflegekräfte in unserer Arbeit unterstützt und ein normales Familienleben wieder möglich macht. Und gerne stehe ich dem Bundesgesundheitsministerium und somit auch Herrn Spahn dafür in Zukunft weiterhin zur Verfügung. Vielen Dank!«