#Hodencovid Was sind mögliche Folgen des Coronavirus für die Fruchtbarkeit?

Bisher gibt es kaum Hinweise auf Unfruchtbarkeit durch Covid-19
Foto: Luke Sharratt / Getty ImagesWenn es um das männliche Genital geht, ist die Aufmerksamkeit meist groß. Das zeigte sich Mitte der Woche, als über den Kurznachrichtendienst Twitter der Hashtag "hodencovid" herumging. Ausgelöst wurde die Diskussion durch den Post von "Spektrum der Wissenschaft"-Redakteur Lars Fischer, in dem er auf mögliche Auswirkungen von Covid-19 auf die männliche Fruchtbarkeit hinwies .
Offenbar war er selbst überrascht, welche Resonanz #hodencovid auslösen würde. "Was habe ich getan?", schrieb Fischer bei Twitter, als die Diskussion bereits merklich Fahrt aufgenommen hatte. Was ist bisher über einen möglichen Zusammenhang von Covid-19 und männlicher Unfruchtbarkeit bekannt?
Widersprüchliche Ergebnisse
Das Coronavirus nutzt sogenannte ACE-2-Rezeptoren als Eintrittstor in menschliche Körperzellen. Einmal eingedrungen, bringt der Erreger die Zelle dazu, unzählige Kopien des Virus herzustellen, bis diese schließlich zerstört wird. Lungenzellen verfügen beispielsweise über diese Rezeptoren. Das ist auch der Grund, warum das Coronavirus das Organ befällt. Doch auch andere Zellen enthalten sie, auch bei Tieren wurden sie schon nachgewiesen.
Galt Covid-19 anfangs noch als Lungenkrankheit, ist inzwischen klar, dass das Virus auch andere Organe wie Herz, Gehirn, Nieren befallen kann. Auch Vorläuferzellen von Spermien und bestimmte Zellen zur Spermienreifung verfügen über ACE-2-Rezeptoren. Es ist deshalb naheliegend, dass Sars-CoV-2 möglicherweise auch die Hoden befallen könnte.
Allerdings muss das Virus erst mal dorthin gelangen. Die Wahrscheinlichkeit, sich über die Lunge zu infizieren, ist deutlich höher, da das Organ über die Atmung direkt potenziell infektiösen Tröpfchen ausgesetzt ist. Von dort kann sich das Virus jedoch im Körper ausbreiten. Auch von anderen Virusinfektionen wie Mumps ist bekannt, dass sie die Hoden befallen können.
Ob das bei Covid-19 ebenfalls der Fall sein könnte, lässt sich nur schwer beurteilen. Bisher gibt es nur wenige Studien mit wenigen Teilnehmern. Sie lieferten teils widersprüchliche Ergebnisse:
So ließ sich das Virus nicht in der Samenflüssigkeit von 34 Covid-19-Patienten nachweisen , die in China behandelt worden waren. Das verantwortliche Forschungsteam hielt es deshalb für unwahrscheinlich, dass Hoden infiziert werden können. Allerdings wurden die Proben erst einen Monat nach der Covid-19-Diagnose entnommen.
Bei einer anderen Untersuchung in China lieferten Corona-Tests von Samenflüssigkeiten bei sechs von 38 Patienten positive Testergebnisse. Die meisten von ihnen waren noch in der akuten Phase der Infektion.
Zudem hatten Probanden mit einem moderaten bis schweren Verlauf von Covid-19 an der Uniklinik Düsseldorf eine schlechtere Spermienqualität als Probanden, die nur mild erkrankten oder noch keine Infektion mit Sars-CoV-2 durchgemacht hatten. Weil sich das Coronavirus auch in diesem Fall nicht in der Samenflüssigkeit nachweisen ließ, schließen die Studienautoren eine sexuelle Übertragung von Covid-19 nach aktuellem Kenntnisstand aus.
Selbst wenn das Coronavirus auch Hoden befallen kann, ist nicht klar, welchen Einfluss das auf die Zeugungsfähigkeit haben kann. In Anbetracht der Studienlage geht auch Fischer davon aus, dass reduzierte Fruchtbarkeit für das Gesamtbild der Pandemie keine Rolle spielt.
Woher also die Aufregung? Neben der medizinischen Bedeutung wird #hodencovid auch in Zusammenhang mit Menschen benutzt, die sich nicht an geltende Beschränkungen halten oder sich nachlässig verhalten. Zum Beispiel, indem sie ihre Nase über der Maske tragen - so als ob sie auch ihr Genital aus dem Schlüpfer hängen ließen.