Corona-Pandemie Frankreich empört sich über mögliches Impfstoff-Vorrecht für die USA

Die USA könnten bei der Vergabe eines Corona-Impfstoffs bevorzugt werden - mit dieser Aussage sorgte Sanofi in Europa für Kritik. Nun lenkt der Pharmakonzern ein, stellt aber Bedingungen.
Sanofi, hier der Firmensitz in Waltham, Massachusetts, ist ein multinationaler Pharmakonzern

Sanofi, hier der Firmensitz in Waltham, Massachusetts, ist ein multinationaler Pharmakonzern

Foto: Keiko Hiromi/ AFLO/ imago images

Noch gibt es keinen Impfstoff gegen das Coronavirus, trotzdem ist bereits ein Wettstreit über die mögliche Verteilung entbrannt. Auslöser war die Ankündigung des französischen Pharmakonzerns Sanofi, bei der Entwicklung eines Impfstoffs zuerst die USA zu beliefern. Die Aussage empörte vor allem die französische Regierung.

"Es wäre natürlich inakzeptabel für uns, wenn das eine oder andere Land aus finanziellen Beweggründen einen privilegierten Zugang erhalten würde, insbesondere im aktuellen Kontext", sagte die französische Staatssekretärin für Wirtschaft und Finanzen, Agnes Pannier-Runacher, dem Sender Sud Radio.

Die EU-Kommission betonte ebenfalls, dass es beim Zugang zu einem Corona-Impfstoff keine Unterschiede zwischen einzelnen Ländern geben dürfe. Der Impfstoff gegen Covid-19 sollte ein weltweit öffentliches Gut sein, sagte ein Kommissionssprecher am Donnerstag. Der Zugang müsse "gerecht und allgemein" sein.

"Allen zur Verfügung stellen" - Sanofi lenkt ein

Sanofi-Generaldirektor Paul Hudson hatte am Mittwoch mitgeteilt, Sanofi werde "als Erstes" die USA beliefern, da diese bei der Forschung "das Risiko teilen". Die US-Regierung habe "das Recht auf die größten Vorbestellungen", weil diese "investiert haben, um ihre Bevölkerung zu schützen", sagte der Brite Hudson der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Dieser Vorsprung könne mehrere Tage oder Wochen betragen.

Bereits am Donnerstag lenkte der Konzern ein. "Wenn Sanofi einen Durchbruch bei einem Covid-19-Impfstoff erzielt und dieser wirksam ist, werden wir ihn allen zur Verfügung stellen", sagte der Leiter des Frankreich-Geschäfts des Konzerns, Olivier Bogillot, dem Fernsehsender BFMTV. Es stimme zwar, dass der Pharmakonzern eine Zusammenarbeit mit der US-Regierung begonnen habe. Die EU müsse nun ebenso "wirksam" dabei helfen, den Impfstoff verfügbar zu machen. Dann werde das Unternehmen auch nicht vorrangig die USA versorgen.

Der französische Gesundheitsminister Olivier Veran äußerte sich nach Gesprächen mit dem Sanofi-Chef ebenfalls beruhigt. "Ich glaube, die Aussage war etwas ungeschickt und vielleicht aus dem Zusammenhang gerissen", sagte Veran dem Sender C News.

Impfstoffentwicklung: War die EU zu langsam?

Die Kontroverse wirft dennoch die Frage auf, ob sich Europa möglicherweise zu spät in die Organisation und Finanzierung der Impfstoffforschung eingeschaltet hat. Die Amerikaner seien momentan sehr effizient, sagte Sanofi-Mann Bogillot, ebenfalls im Interview mit dem Fernsehsender BFMTV. Die US-Regierung habe zugesagt, "mehrere Hundert Millionen Euro" auszugeben.

Das Unternehmen befindet sich demnach jedoch auch in Gesprächen mit der Europäischen Union sowie der französischen und der deutschen Regierung, um seine regionale Impfstoffentwicklung zu beschleunigen. "Die EU muss genauso effizient sein und uns dabei helfen, diesen Impfstoff sehr schnell zur Verfügung zu stellen", sagte Bogillot. Ziel sei es, dass die USA und Europa den Impfstoff "zur gleichen Zeit" bekämen.

Sanofi kooperiert bei der Suche nach einem Corona-Impfstoff seit April mit dem britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline. Tests haben bislang aber noch nicht begonnen, und ein erfolgreiches Mittel gegen das Virus dürfte frühestens Ende des nächsten Jahres verfügbar sein. Ihr Projekt wird teilweise von der US-Behörde für biomedizinische Forschung und Entwicklung (Barda) unterstützt, die dem US-Gesundheitsministerium unterstellt ist.

Die Äußerungen des Sanofi-Chefs lösten in Frankreich auch deshalb Empörung aus, weil der Konzern in den vergangenen Jahren Forschungskredite in zweistelliger Millionenhöhe vom französischen Staat erhalten hatte.

irb/AFP/dpa/Reuters
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