Trotz Herzproblemen Während Coronakrise waren 30 Prozent weniger Patienten in der Notaufnahme

Weniger Herzpatienten als erwartet - und wer doch kam, war deutlich schwerer krank: Ein Klinikbetreiber zieht eine erschütternde Bilanz über die Notaufnahme in Corona-Zeiten.
Eingang zur Notaufnahme: 30 Prozent weniger Patienten in der Coronakrise (Archivbild)

Eingang zur Notaufnahme: 30 Prozent weniger Patienten in der Coronakrise (Archivbild)

Foto: Hauke-Christian Dittrich/ dpa

In der Coronakrise haben offenbar viele Menschen trotz akuter Herzprobleme keine Notaufnahme aufgesucht. Das geht aus einer Analyse der Helios-Kliniken hervor. Diese sind privater Krankenhausbetreiber mit Kliniken in ganz Europa, davon 86 in Deutschland. Für die Studie wurden rund 17.000 Notfallaufnahmen in 66 Krankenhäusern untersucht; die betroffenen Patienten litten unter Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche.

Die Ärztinnen und Ärzte verglichen diese Fälle mit allen Fällen in zwei Vergleichszeiträumen. Das Ergebnis: Im Zeitraum von Anfang März bis Ende April 2020 seien rund 30 Prozent weniger Menschen mit diesen Herzproblemen in der Notaufnahme gewesen. Zudem waren die Patienten im Schnitt deutlich schwerwiegender erkrankt, als es Patienten in anderen Zeitabschnitten waren. "Wir sehen hier also einen deutlichen und sehr beunruhigenden Unterschied zu der Zeit vor Corona", sagte Andreas Meier-Hellmann, Geschäftsführer Medizin der Helios-Kliniken.

Bereits Anfang April hatten Ärzte berichtet, dass die Notaufnahmen ungewöhnlich leer waren. Die Verunsicherung wegen der Pandemie, Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus und die Furcht davor, im Krankenhaus keinen Besuch empfangen zu dürfen, hatten offenbar viele Patienten davon abgehalten, die Notaufnahmen aufzusuchen - selbst bei schwerwiegenden Beschwerden. Mediziner warnten davor, dass das Zögern in Notfällen gefährlich ist.

Was im April lediglich ein Bauchgefühl der Ärzte in den Notfallambulanzen war, haben die Helios-Studienleiter für ihre Kliniken nun mit Zahlen belegt. Auf Basis ihrer Auswertung ist anzunehmen, dass fast jeder dritte Patient mit Herzerkrankung die Notaufnahme nicht aufsuchte, obwohl es ihm schlecht ging. Auch sie vermuten, dass es hauptsächlich die Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 war, die die Patienten davon abhielt, die Notaufnahmen aufzusuchen. Auch eine Forsa-Umfrage stützt diese These: Demnach haben rund 85 Prozent der Befragten Angst, sich bei einem Aufenthalt im Krankenhaus bei Mitpatienten anzustecken.

Herzinfarkt - das sind die Symptome

"Generell sollten Betroffene bei den folgenden Warnzeichen umgehend zum Internisten oder Kardiologen", schreibt die Deutsche Herzstiftung.  

  • Schmerzen oder ein unangenehmes Engegefühl im Brustkorb (Angina pectoris) und/oder Luftnot

  • Herzrasen mit Einschränkung der Belastbarkeit

  • Hartnäckiges Herzstolpern

  • Kurze Bewusstlosigkeiten (Synkopen) 

  • Schwindelanfälle, drohende Bewusstlosigkeiten

Fachärzte können untersuchen, ob beispielsweise eine Herzrhythmusstörung als Folge einer koronaren Herzkrankheit (die Grunderkrankung des Herzinfarkts) vorliegt oder ob Probleme mit den Herzklappen oder eine Herzschwäche hinter den Symptomen stecken. "Unbehandelt können diese Erkrankungen zu schwerwiegenden Komplikationen führen", warnen die Experten. Eine genaue Erläuterung der Alarmsignale finden Sie hier . Wie Sie bei Herzinfarkt und Herzstillstand Erste Hilfe leisten können, erfahren Sie hier .

Während vor der Coronakrise viele Krankenhäuser klagten, dass Patienten mit Bagatellerkrankungen häufig die Notaufnahmen überlasten, versuchen die Kliniken nun aktiv, Menschen davon zu überzeugen, diese aufzusuchen.

Helios wirbt etwa mit einem überarbeiteten Sicherheitskonzept, das unter anderem dafür sorgt, dass Patientinnen und Patienten mit nachgewiesener Coronavirus-Infektion oder unklarem Status von jenen getrennt werden, die sich sicher nicht mit dem Virus angesteckt haben.

kry

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