Massenausbruch in US-Ferienlager Coronavirus bei Kindern jeden Alters nachgewiesen

Spielende Kinder: Sie erkranken seltener schwer, aber sind sie auch weniger ansteckend?
Foto: StockPlanets/ Getty ImagesSie sangen, spielten und steckten sich an: Nach dem Besuch eines Sommercamps im US-Bundesstaat Georgia sind mindestens 260 Kinder und Betreuer positiv auf das Coronavirus getestet worden. Damit hat sich etwa die Hälfte der Teilnehmer nachweislich infiziert. Die US-Seuchenschutzbehörde CDC warnt deshalb in einem aktuellen Bericht, Kinder jeden Alters könnten sich mit dem Virus anstecken. Wahrscheinlich spielen Kinder demnach auch eine größere Rolle bei der Ausbreitung als bisher gedacht.
Aus vorherigen Studien ist bekannt, dass Kinder deutlich seltener schwer an Covid-19 erkranken, wenn sie sich mit Sars-CoV-2 infizieren. Unklar ist jedoch, ob sie auch weniger ansteckend sind. Diese Frage ist vor allem mit Blick auf die geplanten Schulöffnungen nach den Sommerfeiern entscheidend.
Kinder trugen keine Maske
An dem Ferienlager in den USA Mitte Juni hatten insgesamt 600 Menschen teilgenommen. Die Kinder waren in Gruppenunterkünften untergebracht, eine Maske mussten nur die Betreuer tragen. Zwei Tage nach Ankunft der Ferienkinder, am 23. Juni, zeigte einer der jugendlichen Betreuer Erkältungserscheinungen und fuhr nach Hause. Am nächsten Tag fiel ein Corona-Test positiv aus. Daraufhin wurden die ersten Kinder nach Hause geschickt, am 27. Juni wurde das Camp aufgelöst.
Mindestens 344 der 600 Teilnehmer waren im Anschluss getestet worden, bei 260 von ihnen fiel das Ergebnis positiv aus. Ob noch mehr der Kinder und Betreuer getestet wurden, ist unklar, weil in Georgia nur positive Tests gemeldet werden müssen.
Unter den nachweislich Infizierten waren 51 Kinder im Alter bis zehn Jahren, 180 Jugendliche sowie 29 Volljährige. Wegen der fehlenden Testergebnisse ist es möglich, dass es noch mehr Infektionen gegeben hat, berichtet die CDC.
Weil sich das Coronavirus vor allem über Tröpfcheninfektionen ausbreitet, könnte gerade das gemeinsame Übernachten und Singen der Kinder die Ansteckungswahrscheinlichkeit erhöht haben, vermuten die CDC-Forscher. Zudem hatten die Kinder auch drinnen gemeinsam gespielt. Aus vorherigen Untersuchungen ist bekannt, dass Atemtröpfchen beim lauten Sprechen und Singen weit fliegen. Das könnte auch Ausbrüche bei Karneval- und Après-Ski-Feiern erklären.
Die meisten der Kinder in dem Ferienlager zeigten keine Symptome, sie könnten aber dennoch andere angesteckt haben. "Unsere Ergebnisse stützen Hinweise, dass Kinder jeden Alters anfällig für Sars-CoV-2-Infektionen sind", schreiben die Forscher. "Im Gegensatz zu früheren Berichten könnten sie auch eine wichtige Rolle bei der Übertragung spielen."
Schule und Ferienlager kaum vergleichbar
Die Studienergebnisse könnten die Debatte über geplante Schulöffnungen erneut anheizen. Allerdings lassen sich die Umstände in dem Ferienlager nicht ohne Weiteres mit denen in einem Klassenzimmer vergleichen. Wenn - wie von den US-Experten vermutet -, tatsächlich die Übernachtungen in Gruppenunterkünften die Ausbreitung des Virus begünstigt haben sollten, wäre das Infektionsrisiko in der Schule geringer. Zudem ist noch nicht klar, ob die Kinder nach dem Ferienlager Familienmitglieder angesteckt haben. Weitere Untersuchungen sollen dies nun zeigen.
Mit Blick auf den Schulbeginn nach den Sommerferien haben sich die Bundesländer auf einen Hygiene-Rahmenplan geeinigt, um möglichst zu einem Regelunterricht zurückzukehren, solange das Infektionsgeschehen dies zulässt. Über Detailregelungen entscheiden die Bundesländer allerdings selbst. So haben Bayern und Berlin bereits eine Maskenpflicht beschlossen.
Als erstes Bundesland startet Mecklenburg-Vorpommern am Montag in das neue Schuljahr. Dort werden mehrere Jahrgangsstufen zu sogenannten definierten Gruppen zusammengeschlossen, meistens sind das zwei Jahrgänge. Beispielsweise in den Stufen fünf und sechs gilt deswegen das Gebot zum Mindestabstand nicht. Die Gruppen sollen einander im Idealfall etwa durch zeitversetzten Unterrichtsbeginn nicht begegnen.
Mit Beginn des Schuljahrs muss sich zeigen, ob die Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern ausreichen werden, um Ausbrüche zu verhindern. Auch eine Datenanalyse aus Südkorea hatte gezeigt, dass Jugendliche zwischen zehn und 19 Jahren möglicherweise sogar noch ansteckender sein könnten als Erwachsene.
Daten aus China legen zudem nahe, dass der Anteil infizierter Kinder zum Anfang der Pandemie unterschätzt wurde, weil sie nur selten Symptome zeigten und deshalb weniger getestet wurden. So stieg der Anteil der nachweislich infizierten Kinder in Shenzhen laut einer Untersuchung von zwei auf 13 Prozent. Auch in Israel waren größere Ausbrüche an Schulen entdeckt worden, nachdem der Unterricht im Mai wieder losgegangen war. Bei einer Studie in Hamburg wurden bei Kindern Antikörper auf das Coronavirus nachgewiesen. Sie hatten sich also nachweislich angesteckt.
Allerdings sprechen längst nicht alle Untersuchungen dafür, dass der Schulunterricht zum Superspreading-Event werden könnte. Dänemark meldete nach der Wiedereröffnung beispielsweise keine größeren Ausbrüche an Schulen. Auch Sachsen gab jüngst in Sachen Schulen Entwarnung. Nur bei 0,6 Prozent von etwa 2000 untersuchten Schülern und Lehrern fanden sich Antikörper gegen das Coronavirus, obwohl sie viele soziale Kontakte hatten. Eine Untersuchung in Baden-Württemberg kam zu einem ähnlichen Ergebnis.