Veteranen-Studie Corona erhöht das Diabetesrisiko – auch bei milden Verläufen

Wer an Covid-19 erkrankt, hat ein höheres Risiko, im Jahr danach Diabetes zu entwickeln, zeigt eine Studie mit rund 180.000 Probanden. Die Fachleute warnen vor einem »Vermächtnis chronischer Krankheiten«.
Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, sind einem größeren Risiko ausgesetzt, Diabetes zu entwickeln

Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, sind einem größeren Risiko ausgesetzt, Diabetes zu entwickeln

Foto: Franziska & Tom Werner / Getty Images

Auf einen möglichen Zusammenhang zwischen einer Diabetes-Erkrankung und einer durchgemachten Sars-CoV-2-Infektion haben schon in der Vergangenheit verschiedene Studien hingewiesen. Eine neue, groß angelegte Untersuchung legt nun ebenfalls nahe: Menschen, die an Covid-19 erkrankt sind, könnten einem größeren Risiko ausgesetzt sein, Diabetes zu entwickeln.

Das gelte für den Zeitraum bis zu einem Jahr nach der Coronaerkrankung – und das gelte selbst für milde Infektionsverläufe, berichten Fachleute in der Fachzeitschrift »The Lancet Diabetes & Endocrinology« . Sie hatten die Krankheitsdaten von mehr als 180.000 US-Veteranen untersucht.

Ein Vermächtnis chronischer Krankheiten

»Wenn diese ganze Pandemie abklingt, werden wir mit dem Vermächtnis dieser Pandemie zurückbleiben – einem Vermächtnis chronischer Krankheiten«, sagte der Forscher Ziyad Al-Aly, der in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri für das Veterans Affairs Healthcare System arbeitet, einem Artikel der Zeitschrift »Nature « zufolge. Auf dieses »Vermächtnis« seien die Gesundheitssysteme nicht vorbereitet.

Zusammen mit dem Epidemiologen Yan Xie wertete Al-Aly die Krankenakten von mehr als 180.000 Menschen aus, die nach einer Covid-19-Infektion mindestens noch einen Monat lebten. Diese Daten verglichen die Wissenschaftler mit den Aufzeichnungen aus zwei Gruppen mit jeweils rund vier Millionen Menschen, die sich nicht mit Sars-CoV-2 infiziert hatten und das Gesundheitsversorgungssystem für Kriegsveteranen vor oder während der Pandemie genutzt hatten.

Die Analyse ergab: Nach einer Covid-19-Erkrankung  stieg die Wahrscheinlichkeit, bis zu einem Jahr später an Diabetes zu erkranken, um etwa 40 Prozent. Pro 1000 Menschen gab es in der Gruppe der Corona-Erkrankten 13 zusätzliche Diabetes-Diagnosen.

In beinahe allen festgestellten Fällen handelte es sich um Typ-2-Diabetes. Bei dieser Form der sogenannten Zuckerkrankheit entwickelt der Körper eine Resistenz gegen das Stoffwechselhormon Insulin.

Die Schwere der Erkrankung habe einen Einfluss

Auf das Risiko, Diabetes zu entwickeln, wirkt sich der Studie zufolge auch der Schweregrad der Coronaerkrankung aus. Mit zunehmender Schwere des Verlaufs steige die Diabetes-Wahrscheinlichkeit. Bei Personen, die ins Krankenhaus eingeliefert oder auf der Intensivstation behandelt wurden, sei das ermittelte Risiko etwa dreimal so hoch ausgefallen wie bei den nicht-infizierten Kontrollpersonen.

Doch auch ein milder Verlauf mit nur leichten Symptomen erhöhe das Risiko – und das auch, wenn keinerlei Risikofaktoren für Diabetes vor der Erkrankung bestanden hätten, berichtet das Fachteam.

Als ein erheblicher Risikofaktor für Diabetes gilt Übergewicht. Menschen mit einem hohen Body-Mass-Index hätten ein mehr als doppelt so hohes Risiko, nach einer Sars-CoV-2-Infektion Diabetes zu entwickeln.

Die Zahl von zusätzlichen 13 Personen aus 1000 mag erst einmal nicht nach einer nicht zu bewältigenden Menge an Diabetes-Patienten klingen. Doch die Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass auch »der bescheidene Anstieg des Diabetesrisikos« einem drastischen Anstieg der Patientenzahlen weltweit entsprechen könne, angesichts der hohen Zahl von Covidfällen.

Es gibt Einschränkungen zur Aussagekraft der Studie

Zur Aussagekraft der Studie gibt es allerdings mehrere Einschränkungen. So ist etwa nicht klar, wie gut die Ergebnisse auf andere Personengruppen übertragbar sind.

Im Artikel der Zeitschrift »Nature« sagte der Epidemiologe Gideon Meyerowitz-Katz von der Universität Wollongong in Australien: Bei den US-Veteranen in der Studie handelte es sich zumeist um ältere, weiße Männer, von denen viele einen erhöhten Blutdruck hatten und übergewichtig waren. Für diese Personen bestehe grundsätzlich ein eher hohes Diabetesrisiko. Bei jüngeren Menschen sei das Risiko viel geringer, bei einigen anderen ethnischen Gruppen hingegen höher.

Auch könne nicht ausgeschlossen werden, dass Personen in der Kontrollgruppe leicht oder gar asymptomatisch infiziert waren, die Erkrankung aber unerkannt geblieben war. Es sei möglich, dass dieser Umstand die Daten verzerre, sagte der Forscher Al-Aly.

Drittens könnten auch andere Faktoren zum Anstieg der Zahl der Diabetes-Erkrankungen bei Menschen, die sich von Covid-19 erholt haben, beigetragen haben. Und es sei nicht auszuschließen, dass bestehende Diabetesfälle erst entdeckt wurden, als sich Menschen wegen einer Coronaerkrankung ärztliche Hilfe suchten.

vki
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