
Coronavirus - die Woche Deutschland droht der Kontrollverlust


Timo Lenzen/ DER SPIEGEL
Liebe Leserin, lieber Leser,
die deutsche Corona-Landkart färbt sich zunehmend orange-rot. Immer mehr Landkreise überschreiten die Grenze von 35 oder 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen. Wo das der Fall ist, soll es weitere Beschränkungen geben, darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs diese Woche geeinigt. Es wird höchste Zeit, dass Deutschland gegensteuert.
"Wir haben die Chance vertan, eine zweite Welle zu verhindern", sagte Viola Priesemann vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation dem SPIEGEL am Donnerstag. Im Schnitt müsse jeder seine Kontakte um etwa die Hälfte bis ein Drittel reduzieren, um die Virusausbreitung in den kommenden Wochen in den Griff zu bekommen. Wichtig ist das vor allem, um die Kontaktverfolgung aufrechterhalten zu können und Risikogruppen zu schützen.
Bricht die Kontaktverfolgung zusammen, tragen unbemerkt Infizierte das Virus häufiger in Alten- und Pflegeheime. Das System nähert sich allerdings zunehmend seinen Kapazitätsgrenzen. Ämter schlagen sich mit falsch angegebenen Kontaktdaten auf Restaurantlisten herum, positiv Getestete tragen ihr Ergebnis längst nicht immer in die App ein.
Zuletzt hat der Anteil älterer Menschen an den positiv Getesteten wieder zugenommen. Auch auf den Intensivstationen wird es voller, wobei die Kapazitäten noch hoch sind . Wie üblich wächst die Zahl der Patienten in den Krankenhäusern erst mit einigen Wochen Verzögerung. Wie viele der Menschen, die sich dieser Tage mit Sars-CoV-2 anstecken, schwer erkranken werden, wissen wir erst im November.
"Albtraum Lockdown - Warum jetzt doch droht, was alle ausgeschlossen haben" lautet der Titel des neuen SPIEGEL. Die Ausgabe erhalten Sie ab sofort digital und am Kiosk.

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Covid-19 in weltweiten Zahlen
Bestätigte Fälle: 38.988.886
Todesfälle: 1.099.380
Von der Krankheit genesen: 26.930.074
Deutschland: 348.557 bestätigte Erkrankte, 284.600 Genesene (geschätzt), 9734 Todesfälle
Quellen: CSSE / Johns-Hopkins-Universität , Stand: 16. Oktober 2020, 13:24 Uhr; Robert Koch-Institut, Stand: 16. Oktober 2020, 0:00 Uhr
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