Schutz vor Covid-19 EU-Behörde empfiehlt Impfstoff von Johnson & Johnson

Ein weiterer Impfstoff wird bald in der EU zur Verfügung stehen. Die Europäische Arzneimittelagentur empfiehlt nun auch das Mittel von Johnson & Johnson. Es hat einen großen Vorteil.
Johnson-&-Johnson-Impfstoff: Eine Dosis reicht

Johnson-&-Johnson-Impfstoff: Eine Dosis reicht

Foto: Michael Ciaglo / Getty Images

Die Europäische Arzneimittelagentur Ema hat den Covid-19-Impfstoff Ad26.COV2.S von Johnson & Johnson zur Zulassung empfohlen. Nach den Mitteln von Biontech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca wird er damit wohl die vierte in der Europäischen Union (EU) zugelassene Vakzine gegen die Erkrankung. Die finale Entscheidung dazu liegt bei der EU-Kommission, ihre Zustimmung gilt jedoch als Formsache.

Laut Daten aus großen Phase-III-Studien senkt das Produkt das Risiko, schwer oder moderat an Covid-19 zu erkranken, im Mittel um 66 Prozent – also um fast zwei Drittel. Der Schutz besteht bereits nach einer Impfdosis – die bislang zugelassenen Impfstoffe werden dagegen in zwei Dosen verabreicht. Um die gleiche Anzahl Personen zu impfen, sind vom Johnson-&-Johnson-Impfstoff also nur halb so viele Injektionen nötig. Das Impfen geht schneller.

Das Mittel ist, ähnlich wie das von AstraZeneca, ein Vektorimpfstoff. Diese können bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden und sind dadurch recht einfach in der Handhabung. Die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna halten sich dagegen bislang längerfristig nur bei hohen Minusgraden. Ende Februar hatten bereits die US-Behörden eine Notfallzulassung für den Impfstoff von Johnson & Johnson erteilt.

Wirksamkeit zwischen 57 und 72 Prozent

Die Zulassung in der EU hatte Johnson & Johnson am 16. Februar beantragt. Die Basis bilden Daten aus mehreren großen Studien in acht Staaten weltweit. Darin hat Johnson & Johnson knapp 44.000 Probandinnen und Probanden über 18 Jahre entweder mit dem Wirkstoff geimpft oder mit einem wirkungslosen Placebo.

DER SPIEGEL

Nach insgesamt 468 Fällen von Covid-19 in der Studienpopulation verglichen die Verantwortlichen die beiden Gruppen. Unter den mit dem Wirkstoff Geimpften lag die Zahl der Erkrankten laut einer Pressemitteilung  im Schnitt etwa zwei Drittel niedriger als in der Vergleichsgruppe. Der Impfstoff hatte gewirkt.

Allerdings gab es im Detail ein paar Unterschiede zwischen den verschiedenen Staaten, in denen die Studien stattfanden: In den USA reduzierte die Impfung das Risiko einer Covid-19-Erkrankung 28 Tage nach der Injektion sogar um 72 Prozent, in Lateinamerika waren es 66 Prozent und in Südafrika 57 Prozent.

Eine naheliegende Erklärung ist die Mutante des Coronavirus Sars-CoV-2, die zunächst in Südafrika aufgetreten war und offenbar in der Lage ist, den Immunschutz des Körpers zu einem gewissen Grad zu umgehen. Wie wirksam die Johnson-&-Johnson-Impfung allein gegen diese Viruslinie ist, lässt sich allerdings noch nicht sagen.

Die Produkte von Biontech/Pfizer und Moderna hatten das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, in großen Phase-III-Studien nach zwei Impfdosen um etwa 95 Prozent reduziert, die Wirksamkeit des Mittels von AstraZeneca lag bei etwa 60 Prozent. Vor schweren Krankheitsverläufen schützen allerdings alle Impfstoffe mit nahezu absoluter Sicherheit.

Guter Schutz vor schweren Verläufen

Über alle Regionen hinweg war das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, bei mit dem Wirkstoff von Johnson & Johnson Geimpften 28 Tage nach der Injektion 85 Prozent niedriger als in der Placebogruppe. Ab Tag 50 nach der Impfung ist unter den Geimpften laut Johnson & Johnson kein einziger schwerer Covid-19-Fall aufgetreten.

Vektorimpfstoffe basieren auf für den Menschen harmlosen Viren. In deren Erbgut wird der Bauplan eines Virusproteins von Sars-CoV-2 integriert. Die Vektorviren transportieren diesen Bauplan in menschliche Zellen, die daraufhin das Virusprotein herstellen. Das Immunsystem reagiert auf dieses und bildet Antikörper.

Grund dafür, dass eine Dosis des Mittels von Johnson & Johnson für den Impfschutz ausreicht, ist, dass die Firma ihr Produkt entsprechend getestet und eine gute Wirksamkeit erreicht hat. Die anderen Hersteller haben dagegen von vornherein einen Ansatz mit zwei Dosen untersucht. Wie wirksam diese Präparate nach nur einer Dosis sind, ist noch unklar. Auch ist bei allen Impfstoffen offen, wie lange der Schutz anhält.

Die EU-Kommission hat insgesamt 200 Millionen Dosen des Mittels vorbestellt, 55 davon sollen bis Ende Juni geliefert werden. Deutschland erwartet bis dahin 10,1 Millionen Dosen, im dritten Quartal sind es 22 Millionen, im vierten 4,6 Millionen. Insgesamt könnten bis Ende des Jahres also 36,7 Millionen Menschen in Deutschland mit dem Mittel geimpft werden, allerdings deuteten sich bereits vor der Empfehlung durch die Ema Schwierigkeiten an.

Am Mittwoch erklärte der Gesundheitsexperte der Europa-CDU, Peter Liese, dass Johnson & Johnson noch nicht bestätigt habe, unmittelbar nach der Zulassung in der EU Impfdosen liefern zu können. »Es gibt sogar Zweifel, dass die zugesagte Liefermenge von 55 Millionen Dosen bis Ende Juni eingehalten werden kann«, so Liese. Die EU rechnet wohl erst ab Mitte April mit ersten Lieferungen.

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