Test von Kombi-Impfungen gegen Corona Das Beste aus zwei Welten

Anfang kommenden Jahres will Großbritannien verschiedene Corona-Impfstofftypen in Kombination testen. Die Prüfung könnte auch das Rätsel um eine AstraZeneca-Studie lösen.
Erste Corona-Impfungen in Großbritannien: RNA- und Vektorimpfstoffe erzeugen etwas unterschiedliche Immunantworten

Erste Corona-Impfungen in Großbritannien: RNA- und Vektorimpfstoffe erzeugen etwas unterschiedliche Immunantworten

Foto: JUSTIN TALLIS / AFP

Am Dienstag hat Großbritannien als erstes Land der westlichen Welt begonnen, seine Bevölkerung mit einem regulär zugelassenen Impfstoff zu versorgen. Um möglichst schnell viele Menschen immunisieren zu können, wird es aber mehrere Impfstoffe brauchen. Eine kombinierte Anwendung verschiedener Impfstofftypen könnte zudem helfen, die Impfwirkung zu verbessern.

Großbritannien hat jüngst angekündigt, den AstraZeneca-Impfstoff Freiwilligen nach seiner Zulassung zusammen mit der Biontech/Pfizer-Vakzine verabreichen zu wollen, berichtet der »Guardian« . Der Test könnte auch Hintergründe zu einem rätselhaften Teilergebnis aus der Zwischenprüfung klären.

In dem Test würden Probanden im ersten Schritt das AstraZeneca-Produkt erhalten und als zweite Dosis die Biontech-Vakzine. In bisherigen Tests wurde das gleiche Produkt zweimal verabreicht. Sollte auch der Moderna-Impfstoff bis zum Studienbeginn zugelassen sein, könne auch er in die Studie aufgenommen werden, heißt es.

Test nur mit zugelassenen Impfstoffen

Das US-Unternehmen Moderna hat für seinen RNA-Corona-Impfstoff Ende November einen Antrag auf bedingte Zulassung in der EU gestellt. AstraZeneca hat gemeinsam mit der britischen Universität Oxford im November erste Zwischenergebnisse einer Phase-III-Studie vorgelegt. Die nun angedachte Prüfung finde unabhängig davon statt, welche Corona-Impfstoffe genau zur Verfügung stünden, betonten Vertreter einer von der britischen Regierung zum Thema Corona-Impfungen eingesetzten Taskforce.

Wichtig ist jedoch, dass es sich um verschiedene Impfstofftypen handelt. RNA-Impfstoffe, wie die Kandidaten von Biontech und Moderna, erzeugen eine starke Antikörperantwort. Vektorimpfstoffe, wie der von AstraZeneca, trainieren dagegen stärker T-Zellen, die vom Virus befallene Körperzellen abzutöten. Eine Kombi-Impfung könnte beide Immunantworten bestmöglich vorbereiten, so die Hoffnung.

Vorstellbar wäre auch, dass der Impfschutz durch die kombinierte Impfung länger bestehen bleibt. Bislang ist noch nicht klar, wie lange die Corona-Impfstoffe vor Covid-19 schützen.

Getestet werden könnte das neue Impfschema ab Januar, falls der AstraZeneca-Impfstoff bis dahin eine Zulassung in Großbritannien habe. Man werde den Test nur mit zugelassenen Impfstoffen durchführen, so die Taskforce. Noch ist allerdings unklar, wie Prüfbehörden die bisherigen, vorläufigen Daten von AstraZeneca bewerten, zumal es eine Panne bei der Prüfung gab.

Halbe Dosis wirkte besser als ganze Dosis

Für die Immunisierung gegen Covid-19 sind stets zwei Impfungen nötig. AstraZeneca hatte einer kleinen Gruppe von Freiwilligen in Großbritannien bei der ersten Impfung allerdings versehentlich nur eine halbe Impfdosis verabreicht. Später stellte sich heraus, dass dieses Impfschema in vorläufigen Ergebnissen überraschend zu einem besseren Covid-19-Schutz führte als zwei volle Impfdosen.

Insgesamt lag die Schutzwirkung vor Covid-19 in der vergleichsweise kleinen Untergruppe von rund 2700 Probanden inklusive Placebo-Gruppe bei rund 90 Prozent, in der regulär durchgeführten Studie mit rund 8900 Freiwilligen und damit deutlich besserer Datenbasis waren es nur gut 60 Prozent Wirksamkeit.

Insgesamt traten in beiden Studien bis zur Zwischenauswertung 131 Covid-19 Fälle auf. Die Auswertung der Daten der zunächst mit der halben Dosis geimpften Probanden basiert auf nur 33 Fällen. Drei davon betrafen Studienteilnehmer, die den Wirkstoff erhalten hatten. Eine detaillierte Auswertung dazu ist am Dienstagnachmittag im Fachmagazin »The Lancet« erschienen (mehr dazu lesen Sie hier).

Eine abschließende Erklärung für das überraschende Ergebnis gibt es bis heute nicht. Denkbar ist, dass die bessere Wirksamkeit in der Gruppe mit der halben Dosis zufällig zustande kam und sich bei größeren Datenanalysen nicht bestätigen würde. Die Impfstoffe von Biontech und Moderna haben nach ersten Erkenntnissen eine Wirksamkeit von 95 Prozent.

Problem Vektorimmunität

Experten vermuten mit Blick auf die rätselhaften Ergebnisse der AstraZeneca-Studie auch, dass eine sogenannte Vektorimmunität verantwortlich sein könnte. »Vielleicht könnte eine Auffrischung mit einem anderen Impfstoff eine gute Strategie sein«, schrieb der Impfstoffexperte Florian Krammer vom Krankenhausnetzwerk Mount Sinai in den USA bereits kurz nach Bekanntwerden der AstraZeneca-Ergebnisse auf Twitter.

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Der AstraZeneca-Impfstoff basiert auf einem Schimpansen-Erkältungsvirus, das sich im Körper nicht mehr vermehren kann. Es dient als sogenannter Vektor und transportiert den Bauplan für das Spike-Protein des Corona-Virus Sars-CoV-2 in menschliche Zellen. Diese stellen dann das Virusprotein her. Das Immunsystem baut einen Schutz dagegen auf und erkennt es wieder, wenn es mit dem Erreger in Kontakt kommt.

Es kann allerdings passieren, dass sich das Immunsystem durch eine zu große Erstdosis gegen den Vektor richtet und diesen dann bei der zweiten Impfung bekämpft. Der Impfstoff kann dann nicht mehr wirken. Mit einem anderen Präparat als Zweitimpfung ließe sich das umgehen, so die Idee. Ob die These stimmt, könnten Prüfungen wie sie nun in Großbritannien angedacht sind, klären.

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