DER SPIEGEL

Zunehmende Impfmüdigkeit »Das ist ein hochriskantes Spiel«

Nach Ansicht des Mediziners Jürgen Zastrow ist es nur eine Frage der Zeit, bis jeder Deutsche sich mit dem Coronavirus infiziert hat. Der Leiter des Kölner Impfzentrums fordert mehr Druck auf Impfverweigerer.
Ein Video von Eckhard Klein
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Im Kölner Impfzentrum machen sich die Verantwortlichen Sorgen: Die große Welle ist vorbei, im Wartebereich bleiben immer häufiger Plätze frei. Vor kurzem herrschte hier noch ein Mangel an Impfstoff. Jetzt kommen nicht mehr genügend Menschen, die sich impfen lassen wollen.

O-Ton Jürgen Zastrow, Leitender Impfarzt und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Köln »Das ist für die Betroffenen ein hochriskantes Spiel. Denn jeder wird diesen Virus bekommen. Ja, ob jetzt oder in drei Wochen oder in drei Monaten, wir müssen damit rechnen, dass wir eine Durchseuchung der Bevölkerung von 100 Prozent erreichen. Dann gibt es welche, die sind geimpft und die werden zurechtkommen, die müssen eben nicht ins Krankenhaus. Und es gibt die anderen.«

Die schwindende Nachfrage nach der Immunisierung gegen Covid-19 liegt nach Ansicht des Mediziners auch an einer zunehmenden Impfmüdigkeit. Die müsse schnellstmöglich bekämpft werden.

O-Ton Jürgen Zastrow, Leitender Impfarzt und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Köln »Ich würde es gut finden, wenn jeder auch ein bisschen auf seinen Nachbarn guckt und sagt: Hör mal, zieh mal bitte in Räumen eine Maske an. Oder willst Du Dich nicht impfen lassen? Da müssen wir sozusagen hinkommen, dass wir den Druck auf diejenigen, die nicht mitmachen, doch so erhöhen, eben freundlich, aber erhöhen, dass wir eine bessere Prophylaxe bekommen gegen die Corona-Infektionen und auch mildere Verläufe für alle.«

Dieser Druck solle laut Zastrow durchaus auch durch Einschränkungen für Impfverweigerer erhöht werden.

O-Ton Jürgen Zastrow, Leitender Impfarzt und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Köln »Ich wäre unbedingt dafür, Menschen, die ungeimpft sind, würde ich nicht ins Restaurant lassen, nicht in Veranstaltungen lassen. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber es kann nicht sein, dass jemand seine persönliche Entscheidung zu einem Risiko für andere werden lässt.«

Ein sensibles Thema bleibt der Präsenzunterricht in den Schulen. Zastrow kritisiert die ständige Impfkommission Stiko. Ihre Empfehlung, Kinder ab 12 nur bei erhöhtem Risiko impfen zu lassen, ärgert ihn.

O-Ton Jürgen Zastrow, Leitender Impfarzt und Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Köln »Ich wünsche mir, dass alle diejenigen, die in die Schule gehen sollen und wollen, auch geimpft werden. Und ansonsten bin ich grundlegend anderer Meinung als die Ständige Impfkommission, die sagt, unter 16 sollen nur Kinder geimpft werden oder Jugendliche, die ein erhöhtes Risiko haben. Das lehne ich völlig ab. Das ist eine individualistische Betrachtung für den Einzelnen. Da mag das gelten, ist auch nicht falsch, aber epidemiologisch gesehen ist das eine Katastrophe.«

Nach Umfragen des RKI sind 17,1 Prozent der unter 60-jährigen Ungeimpften noch unentschieden, ob sie sich die Spritze geben lassen. Einige Politikerinnen und Politiker bringen bereits Anreize nach US-Vorbild ins Gespräch. Dort versuchen die Behörden, die Impfbereitschaft mit Prämien wie zum Beispiel kostenlosen Donuts oder Gratis-Marihuana zu steigern.

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