Covid-19 Medizinisches Personal hat hohes Risiko für schwere Krankheitsverläufe

Eine Studie hat untersucht, in welchen Berufen das Risiko hoch ist, schwer an Covid-19 zu erkranken. Demnach trifft es Ärzte, Pflegekräfte, Rettungssanitäter und Menschen in anderen sozialen Berufen.
Intensivstation in Paris: Medizinisches Personal ist besonders gefährdet

Intensivstation in Paris: Medizinisches Personal ist besonders gefährdet

Foto: Francois Mori / dpa

In Gesundheitsberufen ist die Zahl schwerer Corona-Erkrankungen laut einer Studie aus Großbritannien weit höher als in anderen. Die Gefahr, einen schweren Verlauf zu erleiden, sei für Ärzte, Pflegekräfte und Rettungssanitäter siebenmal größer als für Menschen in sogenannten nicht-essenziellen Berufsgruppen, stellten Epidemiologen der Universität von Glasgow fest. Die Forscherinnen und Forscher verglichen dabei nicht die Zahlen der Corona-Infektionen, sondern nur die der Covid-19-Patientinnen und -Patienten in britischen Kliniken inklusive der Gestorbenen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hatte im September berichtet, dass 14 Prozent aller weltweit gemeldeten Corona-Infektionen auf Menschen in Gesundheitsberufen entfielen. In manchen Ländern liege die Quote gar bei 35 Prozent, obwohl deren Anteil an der Bevölkerung insgesamt in den meisten Ländern bei unter drei Prozent liege.

Zu diesen Zahlen passt nun die Analyse des Teams von Epidemiologen der Universität von Glasgow . Dieses nutzte unter anderem die UK Biobank, die Datensätze von rund einer halben Million Menschen enthält, sowie britische Corona-Daten aus dem ersten Lockdown, der in Großbritannien von Mitte März bis Ende Juli dauerte.

Medizinisches Hilfspersonal offenbar besonders gefährdet

Die Studie umfasste gut 120.000 Menschen im Alter zwischen 49 und 64 Jahren. Mehr als 35.000 (29 Prozent) übten dabei einen sogenannten »essenziellen« Beruf aus, arbeiteten also im Gesundheitswesen (neun Prozent), im Sozial- und Erziehungswesen (elf Prozent) sowie in den Bereichen Polizei, Transport und Lebensmittelzubereitung (neun Prozent).

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachblatt »Occupational & Environmental Medicine« berichten, verglichen sie, wie hoch das Risiko einer Covid-19-Infektion mit schwerem Verlauf für die unterschiedlichen Berufsgruppen war, also ein Verlauf mit Klinikaufenthalt oder gar Todesfolge. Insgesamt traten 271 dieser Fälle auf. Die Untersuchung ergab, dass Angehörige des Gesundheitswesens – Ärztinnen, Apotheker, medizinisches Hilfspersonal, Pflegekräfte und Rettungssanitäterinnen – zusammengenommen ein siebenmal höheres Risiko für eine schwere Erkrankung hatten als Vertreter nicht-essenzieller Berufe. Beim medizinischen Hilfspersonal war dieses Risiko sogar neunmal höher.

Bei Beschäftigten im Sozial- und Bildungswesen war die Wahrscheinlichkeit eines schweren Covid-19-Verlaufs um 84 Prozent höher, während »andere« Beschäftigte essenzieller Berufe ein um 60 Prozent höheres Risiko aufwiesen. Eine genauere Aufschlüsselung der Berufsgruppen ergab zudem, dass das Risiko für Beschäftigte im sozialen Bereich 2,5-mal höher war als das bei nicht-essenziellen Berufsgruppen.

Pandemie-Verlauf hängt von essenziellen Berufen ab

Bei ihrer Untersuchung stellten die Forscher auch fest, dass in den Gesundheitsberufen in Großbritannien überdurchschnittlich viele Frauen sowie überproportional viele Schwarze und aus Asien stammende Menschen beschäftigt sind. Mit Blick auf die Ethnie fanden die Epidemiologen heraus, dass Schwarze oder aus Asien stammende Menschen in nicht-essenziellen Berufen ein dreimal höheres Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung hatten als weiße Menschen in den gleichen Berufsgruppen. Im Bereich essenzieller Berufe war das Risiko für die beiden Gruppen sogar achtmal höher.

Die Autoren betonen, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handele, die keine Aussage zu den Ursachen der erfassten Zusammenhänge treffen könne. Dennoch unterstreiche ihre Arbeit die Wichtigkeit adäquater Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen und der Bereitstellung persönlicher Schutzausrüstung für Menschen, die in essenziellen Berufen und hier vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich arbeiteten. Sie schreiben: »Die Gesundheit und das Wohlergehen essenzieller Arbeitskräfte ist entscheidend für die Begrenzung der Ausbreitung und die Bewältigung der Belastung durch globale Pandemien.«

In Deutschland scheint zumindest die Versorgung mit Schutzkleidung für medizinisches Personal mittlerweile besser zu sein als noch im Frühjahr. Das ergaben Mitgliederbefragungen einiger Landesverbände des Marburger Bundes. Diese stellten aber auch fest, dass etwa regelmäßige Pausen für zwei Drittel der Befragten oder mehr gar nicht oder nicht ausreichend möglich seien, so die Befragungen aus Bayern, Sachsen und dem Saarland. Hinzu komme wachsende Personalnot. Stress schade der Gesundheit des medizinischen Personals, wobei Infektionen eine zusätzliche Belastung darstellten.

Wie viele Angehörige von Gesundheitsberufen in Deutschland genau erkrankt sind – besonders mit schwerer Symptomatik – lässt sich nicht genau beziffern. Hierzulande gibt es kein zentrales Melderegister dafür. Bei registrierten Corona-Fällen fehlen oftmals die Angaben zum Beruf. Mehr und mehr Meldungen über erkrankte Angestellte wie zuletzt etwa aus dem Uniklinikum Augsburg deuten aber auf eine steigende Zahl hin.

kig/kry/dpa-AFX

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren