Modernas Corona-Impfstoff Wärmstens empfohlen

Die Arzneimittelagentur Ema spricht sich für die Zulassung des Impfstoffs der US-Firma Moderna in der EU aus. Das Produkt hat viele Gemeinsamkeiten mit dem von Biontech/Pfizer – muss aber nicht so stark gekühlt werden.
Impfstoffdosen von Moderna vor dem Verschiffen: Minus 20 Grad reichen für die Lagerung

Impfstoffdosen von Moderna vor dem Verschiffen: Minus 20 Grad reichen für die Lagerung

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Paul Sancya / REUTERS

Die Europäische Union (EU) hat wohl bald einen zweiten Corona-Impfstoff: Am Mittwoch empfahl die Arzneimittelbehörde Ema die Zulassung des Produkts mRNA-1273 des US-Unternehmens Moderna. Für die endgültige Zulassung muss die EU-Kommission noch zustimmen. Das gilt als Formsache.

Wie der Corona-Impfstoff BNT162b2 von Biontech/Pfizer, der kurz vor Weihnachten in der EU zugelassen wurde, handelt es sich auch bei dem Moderna-Produkt um einen mRNA-Impfstoff. Die Schutzwirkung gegen eine Covid-19-Erkrankung beträgt nach der zweiten Impfdosis ähnlich wie beim Biontech/Pfizer-Präparat ungefähr 95 Prozent.

Es gibt aber auch einen wichtigen Unterschied: Der Moderna-Impfstoff hat deutlich geringere Kühlanforderungen. Während der von Biontech/Pfizer bei ungefähr minus 70 Grad ein halbes Jahr haltbar ist, braucht der Moderna-Impfstoff für die längerfristige Kühlung vergleichsweise wärmere minus 20 Grad und hält für etwa 30 Tage auch Kühlschranktemperaturen stand. Der Biontech-Impfstoff schafft das für maximal fünf Tage.

Längere Kühlschranklagerung prinzipiell möglich

Die hohen Kühlanforderungen des Biontech/Pfizer-Impfstoffs erschweren den Transport und die Lagerung deutlich (mehr dazu lesen Sie hier ). Die International Air Transport Association gibt laut Nachrichtenagentur Reuters an, dass wegen Transportmängeln, zu denen auch falsche Kühlung gehört, ein Viertel aller Impfstoffe zerstört sind, wenn sie beim Nutzer ankommen.

In Deutschland waren zu Impfbeginn Ende Dezember in Franken fast tausend Biontech/Pfizer-Impfdosen unbrauchbar, weil sie auf dem Weg zum Impfzentrum wärmer als acht Grad geworden sind, also Kühlschranktemperatur überschritten haben. Experten hoffen, dass solche Verluste bei Moderna geringer ausfallen werden, auch dort ist aber noch Luft nach oben.

So kann etwa der mRNA-Impfstoffkandidat des Tübinger Unternehmens Curevac für etwa drei Monate bei ungefähr fünf Grad, also im Kühlschrank, gelagert werden und übersteht auch einen Tag Raumtemperatur. Allerdings hat die entscheidende Studie für eine mögliche Zulassung gerade erst begonnen. Die mRNA-Impfstoff-Hersteller arbeiten daran, die Kühlanforderungen weiter zu senken, halten sich mit Details zur Technik aber bedeckt.

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Getestet an mehr als 30.000 Probanden

Für einen guten Impfstoff sind aber nicht nur eine praktikable Lagerung und einfacher Transport wichtig, sondern vor allem auch Sicherheit und Wirksamkeit. Darauf geprüft wurde der Moderna-Impfstoff in einer großen Phase-III-Studie mit 30.420 Freiwilligen ab 18 Jahren. Rund ein Viertel der Probanden war älter als 65. Die Hälfte der Freiwilligen erhielt Spritzen mit dem Wirkstoff, die andere Hälfte ein Placebo.

Geimpft wurden, ähnlich wie bei den anderen Impfstoffkandidaten, zwei Dosen in einem Abstand von 28 Tagen. Anschließend erkrankten 196 Probanden an Covid-19, 185 davon in der Placebogruppe. Unter den mit Wirkstoff geimpften Personen wurden nur elf krank. Moderna hat die Studiendaten Ende 2020 im »New England Journal of Medicine«  veröffentlicht.

Klinische Prüfung der Impfstoffentwicklung in drei Phasen

Bis ein Impfstoff zugelassen wird, muss er in drei Phasen klinisch geprüft werden. Damit das Paul-Ehrlich-Institut einen potenziellen Impfstoff für eine klinische Studie am Menschen zulässt, muss ein Hersteller zunächst Daten vorlegen, dass der Stoff bereits ausreichend präklinisch getestet wurde – etwa in Tierversuchen.

Phase I: Der Impfstoff wird einer kleinen Gruppe von freiwilligen Gesunden verabreicht. Es wird beobachtet, ob das Mittel den Zielbereich im Körper erreicht und dabei keine akuten Nebenwirkungen auftreten.

Phase II: Erst wenn die Phase I erfolgreich war, kann der Impfstoff in Phase II einer größeren Teilnehmerzahl verabreicht werden, die der Risikogruppe entstammen. Im Fall von Covid-19 wären das ältere Personen oder Menschen mit Vorerkrankungen. In dieser Phase werden die Wirksamkeit des Impfstoffs bei der Verhinderung der Krankheit und die geeignete Dosierung getestet.

Phase III: Danach kann der Impfstoff an einer repräsentativen Gruppe von Freiwilligen getestet werden – bis zu 10.000 Probanden werden dabei geimpft. In Phase III werden die Wirksamkeit, die Sicherheit sowie die Dosierung der Impfung bestätigt. Unerwünschte Ereignisse, wie etwa ein besonders schwerer Krankheitsverlauf durch die Gabe des Impfstoffs, können ausgeschlossen werden.

Wie auch schon beim mRNA-Impfstoff von Biontech zeigte sich in der Untersuchung, dass Impfreaktionen bei mRNA-Impfstoffen häufiger auftreten als bei anderen Impfstoffen. Unter Impfreaktionen verstehen Fachleute zu erwartende Reaktionen des Körpers, die darauf hindeuten, dass das Immunsystem auf den Impfstoff reagiert und trainiert wird.

Mehr Reaktionen bei jüngeren Probanden

Gut 80 von 100 Probanden, die den Wirkstoff erhielten, klagten in der Studie anschließend ein paar Tage über Schmerzen an der Einstichstelle. Zu den häufigsten Reaktionen gehörten zudem Abgeschlagenheit, Kopf- oder Muskelschmerzen. Ungefähr 60 Prozent waren nach der zweiten Impfung davon betroffen. Bei den meisten fielen die Beschwerden leicht oder moderat aus.

Nach der zweiten Impfdosis entwickelten aber auch 16 Prozent vorübergehend Beschwerden der Stufe drei. Diese hindern Menschen daran, ihren normalen Alltagsgewohnheiten nachzugehen.

Wie auch beim Biontech/Pfizer-Impfstoff fielen die Beschwerden bei jüngeren Probanden stärker aus. Gleichzeitig war die Impfung bei ihnen aber auch wirksamer. Das ergibt Sinn: Offenbar hat ihr Immunsystem stärker mit dem Impfstoff interagiert.

mRNA kommt zigfach im Körper vor

Die Impfstoffe BNT162b2, Trivialname Comirnaty, und mRNA-1273 sind die ersten mRNA-Impfstoffe, die je zugelassen wurden. Sie enthalten den genetischen Bauplan (mRNA) für ein typisches Oberflächenprotein des Coronavirus. Das Virenprotein wird anhand dieser Bauanleitung vom Körper produziert, der dann Antikörper dagegen herstellt.

Damit stellt die Impfung den Mechanismus nach, der auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus und vielen anderen Viren abläuft. Der entscheidende Unterschied ist lediglich, dass Coronaviren in Form von RNA nicht nur den Bauplan für ein Protein in unsere Zellen bringen, sondern gleich die Bauanleitung für weitere Viruspartikel. So können sie sich vermehren.

Ein Einbau in unser eigenes Erbgut, die DNA, findet nicht statt, da weder das Coronavirus noch menschliche Zellen dazu in der Lage sind, RNA in DNA umzubauen. Auch HI-Viren können nur ihre eigene RNA in DNA integrieren, nicht aber andere RNA-Moleküle.

Die EU hat bei Moderna 160 Millionen Impfdosen bestellt, die jedoch erst nach und nach zur Verfügung stehen werden. Der Impfstoff hat bereits eine Notfallzulassung in den USA und Kanada. In der EU wird der Impfstoff nun regulär, abseits von Notfallgenehmigungen, zugelassen.

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