Ausbreitung in ganz China
WHO lobt Pekings rigorose Maßnahmen
Das Coronavirus hat sich von Wuhan aus in sämtliche Provinzen ausgebreitet. Dass es international bislang nur wenige Infektionen gebe, sei laut Weltgesundheitsorganisation den chinesischen Behörden zu verdanken.
Desinfektion in Wuhan: Die chinesischen Behörden haben die Ausbruchsregion weitgehend abgeriegelt
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HECTOR RETAMAL/ AFP
Das neue Coronavirus hat sich nach Angaben der chinesischen Behörden inzwischen in allen Regionen und Provinzen des Landes ausgebreitet. Tibet meldete als letzte Region einen ersten Fall der Lungenkrankheit, die durch das Virus hervorgerufen wird.
Wie Chinas Gesundheitsbehörde mitteilte, stieg die Gesamtzahl der Todesfälle um 38 auf 170. Die Zahl der bestätigten Erkrankten liegt nun bei 7711. Die ersten Fälle waren Ende Dezember in der zentralchinesischen Stadt Wuhan aufgetreten.
Auch Frankreich meldete eine weitere Infektion. Bei der mittlerweile fünften Erkrankung im Land handele es sich um die Tochter des ebenfalls erkrankten 80-jährigen Touristen aus China, teilte das französische Gesundheitsministerium mit. Der Zustand des 80-Jährigen sei ernst, der Mann werde weiter in einem Pariser Krankenhaus behandelt. Außerdem habe sich der Zustand eines weiteren infizierten Mannes verschlechtert, der seit Ende vergangener Woche behandelt wird. Derzeit sind rund 50 Infektionen mit dem Coronavirus außerhalb Chinas bestätigt.
Die vier ersten Patienten in Deutschland waren am Mittwoch nach Angaben des behandelnden Chefarztes Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing symptomfrei und in klinisch gutem Zustand.
WHO besorgt und beeindruckt
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus und Notfallchef Michael Ryan zeigten sich besorgt über die "rapide Ausbreitung" der Lungenkrankheit. Sie seien jedoch sehr beeindruckt von den chinesischen Gegenmaßnahmen.
"Das chinesische Verhalten während des Sars-Ausbruchs und das chinesische Verhalten heute - absolut kein Vergleich", sagte Ryan, der 2003 auch während des Sars-Ausbruchs schon involviert war. Die Tatsache, dass es bislang nur einige Dutzend Fälle im Ausland gebe, sei den rigorosen Maßnahmen Chinas zu verdanken.
Auf die Frage, ob die WHO das Ausfliegen von Ausländern empfiehlt, sagte Tedros: "Die Entscheidung liegt natürlich bei jedem Land selbst. Aber sie müssen gut darauf vorbereitet sein, wenn das Virus auf diesem Weg eingeschleppt wird." Angesichts der rasanten Ausbreitung des neuen Coronavirus hat die WHO für Donnerstag erneut den Notfall-Ausschuss einberufen.
Disziplinarkommission droht Beamten mit Strafen
Die Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei drohte chinesischen Beamten laut einem Bericht mit Strafen, wenn diese im Kampf gegen das Coronavirus nachlassen. Auf der Website der Kommission hieß es der Nachrichtenagentur Reuters zufolge, wer die Anweisungen von Präsident Xi Jinping diesbezüglich nicht effektiv ausführe, werde bestraft.
Auch anderweitige Pflichtverletzungen und der Missbrauch von Hilfsgeldern und -materialien sollen demnach Konsequenzen haben. Details nannte die Disziplinarkommission nicht.
Viele Staaten, darunter auch Deutschland, arbeiten derzeit daran, ihre Bürger aus der besonders betroffenen Stadt Wuhan in Zentralchina auszufliegen. So bereitet Indonesien die Rückholung von mindestens 243 Menschen aus den abgeriegelten Regionen vor, Singapur flog am Donnerstag nach eigenen Angaben 92 seiner Bürger aus. Die Bundeswehr will nach SPIEGEL-Informationen am Samstag die rund 90 Deutschen aus dem Ausbruchsgebiet holen. Sie sollen in der Nähe des Flughafens in Frankfurt am Main zwei Wochen lang untergebracht und medizinisch untersucht werden.
Japan holt Hunderte Bürger zurück - mehrere weisen Symptome auf
In Japan kehrte am Donnerstag die zweite Chartermaschine mit 210 Landsleuten aus Wuhan zurück. 13 von ihnen wiesen Symptome wie Husten und Fieber auf und sollten in medizinische Einrichtungen gebracht werden.
Am Vortag waren bereits 206 Japaner heimgeholt worden. Drei von ihnen wurden nach Angaben des japanischen Gesundheitsministeriums positiv auf das neue Coronavirus getestet. Damit erhöht sich die Zahl der Fälle in Japan auf elf. Zwei Personen weigerten sich, sich testen zu lassen. Ministerpräsident Shinzo Abe bezeichnete das Verhalten der beiden Personen als "sehr bedauerlich".
Die USA flogen am Mittwoch ebenfalls 200 Staatsbürger aus China aus. Zudem gründete die US-Regierung eine Taskforce, die das Virus beobachten und seine Ausbreitung verhindern soll. Geleitet wird die Expertengruppe von Gesundheitsminister Alex Azar, die Koordination übernimmt der Nationale Sicherheitsrat, wie das Weiße Haus mitteilte. Die Taskforce soll die amerikanische Öffentlichkeit ständig über die Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Das Infektionsrisiko für US-Amerikaner bleibe aber weiterhin niedrig, hieß es in der Mitteilung. In den USA wurden bisher fünf Fälle von Infektionen mit dem Virus registriert.