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Foto: Zeloot/ DER SPIEGEL

Forschung mit Psychodrogen in Deutschland Die Heilkraft des LSD

Lange waren Psychodrogen tabu, doch nun experimentieren Forscher mit LSD und Zauberpilzen, um seelische Krankheiten zu therapieren. In Deutschland sollen Versuche mit Depressiven starten. Ein SPIEGEL+-Bestseller.
aus DER SPIEGEL 8/2020

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Deutsche Ärzte wollen bewusstseinsverändernde Substanzen zur Behandlung psychisch Kranker testen. Nach Informationen des SPIEGEL sollen am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim und an der Charité Berlin 144 Patienten, die an therapieresistenter Depression leiden, die von sogenannten Zauberpilzen gebildete Substanz Psilocybin einnehmen.

Sechs Stunden soll der psychedelische Trip dauern. Psychotherapeuten werden die Patienten überwachen, um im Fall von Angstzuständen eingreifen zu können. Die Psychiater hoffen, dass die Erfahrungen, Erlebnisse und Einsichten unter Psilocybin-Einfluss den Patienten helfen, ihre Depression zu überwinden. Es wird der erste derartige Versuch in Deutschland sein. Er könnte schon in wenigen Monaten beginnen.

Lesen Sie hier die ganze Geschichte.

Ihre Angst besiegte Andrea Adler(*) mit einem Stückchen Löschpapier. "Es war nur ein winziger Tropfen Wirkstoff darauf", sagt sie. "Nicht mehr als 150 Mikrogramm." Das habe gereicht, um ihr Leben zu verändern.

Ein knappes Jahr ist es jetzt her, dass Adler das Löschpapier auf ihre Zunge legte. Sie war zermürbt damals. Todesangst verfolgte sie und ließ sie selten los. Die Ärzte hatten Brustkrebs bei ihr diagnostiziert, ein Abgrund hatte sich vor ihr aufgetan: Was sollte jetzt aus ihren drei Kindern werden? Der Jüngste war noch nicht einmal ein Jahr alt. "Wenn ich sterbe, wird er sich später überhaupt nicht an mich erinnern können", habe Adler gedacht. Sie war 32 Jahre alt, das Leben schien ihr ungerecht zu sein.

Die Ärzte amputierten beide Brüste. Es folgten 16 Zyklen Chemotherapie und 33 Bestrahlungen. Der Krebs war verschwunden, die Angst aber blieb. Jederzeit konnten Metastasen auftauchen. "Heilungsbewährung" nennen das die Ärzte. Ihr Tumortyp, sagt Adler, sei besonders aggressiv: "Da ist die Prognose nicht so gut."

Irgendwie musste sie aber weiter funktionieren, schon um der Kinder willen. Ihr Psychologiestudium an der TU Braunschweig setzte sie fort, sie war auf das Bafög angewiesen. Doch fiel es ihr schwer, sich zu konzentrieren: "Schon komisch – da weiß man, dass man vielleicht bald sterben wird, und sagt den Kindern: Mama muss Statistik lernen."

Adler besuchte Selbsthilfegruppen, fragte Psychotherapeuten, suchte Rat in Kirchen und buddhistischen Zentren. Jetzt, dachte sie, wäre es gut, an einen Gott glauben zu können. "Aber ich bin ein rationaler Mensch", sagt sie. "Mit Religiösem konnte ich nie viel anfangen." Dann las sie von der LSD-Therapie des Schweizer Psychiaters Peter Gasser.

Gasser hatte todkranke Patienten mit dem Halluzinogen LSD behandelt; viele überwanden daraufhin ihre Todesangst. Adler las weiter und erfuhr, dass andere Psychiater schon in den Sechzigerjahren von ähnlichen Heilerfolgen berichtet hatten.

Die Experimente faszinierten Adler, doch war ihr die Sache unheimlich: War LSD nicht gefährlich? War der Konsum nicht streng verboten? Ihr Mann riet ab, auch Freunde warnten, das Risiko sei viel zu hoch. Von einem Selbstversuch sei abzuraten.

Über Facebook lernte sie Menschen kennen, die sich über Erfahrungen mit psychedelischen Drogen austauschten. Sie behaupteten, diese Substanzen hätten ihnen wertvolle Erkenntnisse beschert, manchen hätten sie über tiefe Lebenskrisen hinweggeholfen. "Einer meinte sogar, ohne LSD wäre er gar nicht mehr am Leben", sagt Adler. Die Droge verlor für sie das Stigma des Verruchten und Verbotenen.

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