Remdesivir und Antikörper-Cocktail Was über Trumps Behandlung bekannt ist
Als die Infektion des US-Präsidenten mit dem neuartigen Coronavirus bekannt wurde, klang Donald Trumps Leibarzt noch sehr zuversichtlich. Der Präsident plane, seine Erkrankung im Weißen Haus auszukurieren, teilte Sean Conley in einem ersten Statement mit. Einen Tag später musste er seine Einschätzung ändern.
"Diesen Nachmittag habe ich, in Absprache mit Spezialisten von 'Walter Reed' und der Johns Hopkins University empfohlen, den Präsidenten zur weiteren Überwachung ins 'Walter Reed'-Militärkrankenhaus zu verlegen", heißt es in einem neuen Statement des Leibarztes vom Freitag. Er sei jedoch glücklich zu verkündigen, dass es dem Präsidenten weiterhin sehr gut gehe. Trump benötige keine Sauerstofftherapie, werde aber nach Beratungen mit anderen Spezialisten mit Remdesivir behandelt. Die Aussage, dass Trump keinen Sauerstoff benötige, war im Zusammenhang mit Remdesivir wohl mit Bedacht gewählt.
An update from President @realDonaldTrump’s physician: pic.twitter.com/8xzB8FShkd
— Kayleigh McEnany 45 Archived (@PressSec45) October 3, 2020
Das Mittel wird per Infusion verabreicht und hemmt ein Enzym, das Coronaviren für ihre Vermehrung benötigen. Remdesivir hat in den USA bereits Anfang Mai eine Notfallzulassung erhalten. Vorgesehen ist es laut der US-Zulassungsbehörde FDA allerdings nur für die Therapie von Kindern und Erwachsenen, die mit einem schweren Verlauf von Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden. "Schwere Erkrankung ist definiert als Patienten mit niedrigen Blutsauerstoffwerten oder Patienten, die eine Sauerstofftherapie benötigen oder Patienten, die künstlich beatmet werden müssen", heißt es in der Erklärung der FDA.
Eine Studie hatte ergeben, dass Remdesivir schwere Verläufe abmildern und die Krankheitsphase um etwa vier Tage verkürzen kann. Bei den Patienten, die mit dem Mittel behandelt wurden, zeigte sich im Schnitt nach elf Tagen eine deutliche Verbesserung. Ohne das Medikament war dies nach 15 Tagen der Fall. Dabei profitierten vor allem Patienten, die bereits eine schwere Lungenentzündung hatten und deshalb zusätzlich Sauerstoff benötigten, aber noch nicht künstlich beatmet werden mussten. Dies ist bei Trump nach Aussagen seines Leibarztes noch nicht der Fall.
Remdesivir: Enge Überwachung der Patienten ratsam
Ein Video zeigt außerdem, wie der US-Präsident aus eigener Kraft den Hubschrauber verlässt, der ihn ins "Walter Reed"-Militärkrankenhaus gebracht hat. In einer Videobotschaft, die noch im Weißen Haus aufgenommen wurde, sind keine Anzeichen für etwa Atemprobleme erkennbar. "Washington Post" und "New York Times" schreiben übereinstimmend, dass sich der Zustand von Trump vor seiner Einlieferung ins Krankenhaus im Laufe des Freitags zwar verschlechterte. Allerdings berichten beide ausschließlich von Fieber, Husten und einer verstopften Nase.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 2, 2020
Remdesivir wurde - im Vergleich zu etablierten Medikamenten - bislang nur wenigen Patienten verabreicht. Deshalb ist eine enge Überwachung auf unbekannte Nebenwirkungen ebenfalls ein denkbarer Grund, um jemanden zur Behandlung ins Krankenhaus zu bringen.
Bislang zählt laut FDA ein erhöhtes Level an Leberenzymen zu den möglichen Nebenwirkungen des Medikaments. Dieses könnte auf eine Leberentzündung oder Schäden an Leberzellen hindeuten, heißt es. Durch die Infusion könne es zu einem niedrigen Blutdruck, Übelkeit, Schweißausbrüchen und Schüttelfrost kommen. Die EU-Arzneimittelbehörde überprüft aktuell außerdem einen möglichen Zusammenhang des Mittels mit akuten Nierenschäden, wie sie am Freitag bekannt gab .
Trumps Leibarzt Conley zufolge hat der US-Präsident die erste Dosis bereits erhalten und erholt sich nun davon.
Zweite Trump-Behandlung: Experimenteller Antikörper-Cocktail
Neben Remdesivir wurde Donald Trump einmalig mit einem experimentellen Antikörper-Cocktail behandelt, den er seinem Leibarzt zufolge als Vorsichtsmaßnahme im Anschluss an die Diagnose erhielt. Bei dem Mittel handelt es sich um eine Kombination aus zwei Antikörpern, die sich gegen ein Schlüsselprotein von Sars-CoV-2 richten.
Einer der Antikörper stamme von einem Menschen, der sich von einer Sars-CoV-2-Infektion erholt habe, schreibt das Wissenschaftsmagazin "Science" . Der andere von einer Maus, die genetisch so verändert wurde, dass ihr Immunsystem ähnlich arbeitet wie das eines Menschen. Das Mittel wurde neben der Behandlung von Covid-19 auch dafür entwickelt, Erkrankungen vorzubeugen. Zugelassen ist es aber noch nicht.
Stattdessen ermitteln Mediziner Wirkung und Nebenwirkungen aktuell in einer Studie mit Patienten, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden. Laut ersten Zwischenergebnissen, die am Dienstag veröffentlicht wurden , kann das Mittel die Virusmenge verringern sowie die Dauer der Symptome verkürzen. Die bislang bekannten Ergebnisse stammen jedoch ausschließlich von Patienten, die nicht im Krankenhaus behandelt wurden.
Mit acht Gramm erhielt Donald Trump eine recht hohe Dosis des experimentellen Medikaments. Die bisherigen Daten deuteten jedoch darauf hin, dass es nur ein sehr, sehr begrenztes Risiko gebe, dass das Mittel den Behandelten schade, zitiert das Wissenschaftsmagazin "Science" George Yancopoulos, Mitbegründer des Pharmaunternehmens Regeneron, das den Antikörper-Cocktail vertreibt. Dennoch ist die Therapie mit nicht zugelassenen Mitteln immer ein Stück weit unberechenbar.
Weiterer Krankheitsverlauf unklar
Trump selbst meldete sich nach der Nachricht zu seiner Einlieferung ins Krankenhaus bereits bei Twitter, um kurz nach Mitternacht Ortszeit schrieb er "Going well, I Think!" und bedankte sich bei allen. "Ich denke, alles läuft gut!"
Given this disease can be mild in nature or can be very serious, and that it is possible to move from one to the other quickly, it will be important for the public and Congress to be closely and transparently informed of how the President’s illness is evolving. 4/x
— Tom Inglesby, MD (@T_Inglesby) October 2, 2020
Grundsätzlich lässt sich nur schwer prognostizieren, wie Covid-19 in den Tagen und Wochen nach Symptombeginn weiter verlaufen wird. Möglich ist, dass sich Patienten allein oder mithilfe ärztlicher Versorgung wieder erholen, ohne dass die Krankheit einen kritischen Verlauf nimmt. Intensivmediziner berichten jedoch auch von Patienten, deren Zustand sich nach mehreren Tagen mit leichteren Symptomen plötzlich drastisch verschlechtert. Der britische Premierminister Boris Johnson ist ein Beispiel für einen solchen Verlauf.
Es liege in der Natur von Covid-19, dass es sehr mild verlaufen könne, aber auch sehr ernsthaft, und dass sich der Zustand sehr schnell verändern könne, schreibt Tom Inglesby, Präsident des Johns Hopkins Center for Health Security, mit Bezug auf Trump bei Twitter. Aus diesem Grund sei es wichtig, die Öffentlichkeit und den Kongress sehr eng und transparent über das Fortschreiten der Krankheit des Präsidenten zu informieren.
Trump zählt aus zwei Gründen zur Covid-19-Risikogruppe: Er ist 74 Jahre alt und stark übergewichtig. Daten vieler Studien zeigen, dass vor allem ältere Menschen schwer erkranken. Laut einer Untersuchung mit 4100 Covid-19-Patienten in New York war das Risiko für einen schweren Verlauf ab einem Alter von 75 Jahren mehr als 66-fach erhöht. Hinzu kommt ein BMI von mehr als 30. Auch dieser erhöhte in der New Yorker Studie die Wahrscheinlichkeit, ins Krankenhaus zu kommen oder sogar zu sterben. (Mehr dazu lesen Sie hier.)