Die Epidemie ebbt ab - doch der Ehec-Erreger nistet sich in der Umwelt ein. Der Fund des aggressiven Ehec-Keims in einem Frankfurter Bach hat die Behörden aufgeschreckt. Experten warnen im SPIEGEL: Die Gefahr, dass mancherorts das Trinkwasser verseucht sein könnte, wird unterschätzt.
Berlin - Die Zahl der Neuinfektionen sinkt - die Ehec-Krise scheint überstanden zu sein. Doch es mehren sich die Hinweise darauf, dass sich der Keim in der Umwelt einnisten könnte. "Viele Menschen scheiden derzeit den Erreger aus. Wir können also nicht ausschließen, dass er sich in unserer Umwelt bereits eingenistet hat", sagt Helge Karch, Direktor des Instituts für Hygiene des Universitätsklinikums Münster. "Der Keim wird es darauf anlegen, irgendwann wieder in den Menschen zu kommen."
Nach dem Ehec-Fund in einem Fluss bei Frankfurt schließen Experten nun nicht länger aus, dass der aggressive Keim vom Typ O104:H4 (auch Husec041 genannt) ins Trinkwasser gelangt. "Die Gefahr durch eine mikrobiologische Belastung des Trinkwassers wurde bisher absolut unterschätzt", sagte Martin Exner, Direktor des Hygieneinstituts der Uni-Klinik Bonn und Vorsitzender der Trinkwasserkommission des Umweltbundesamts, dem SPIEGEL. Besonders kleinere Wasserwerke gelten als gefährdet.
Gefahr in kleineren Wasserwerken
In den deutschen Ballungsgebieten ist die Gefahr eher gering, weil das Trinkwasser mehrmals am Tag kontrolliert wird. Anders sieht die Situation in kleineren Wasserwerken aus. Dort wird das Wasser bisweilen nur einmal im Jahr getestet. Und schon vor dem Ausbruch von Ehec war das Trinkwasser immer wieder mit E.-coli-Bakterien belastet. Laut einer Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation WHO schwammen in fünf Prozent der Proben aus kleineren Wasserwerken Baden-Württembergs und in fast jedem zweiten privaten Brunnen des Landes Darmbakterien.
Das Umweltbundesamt (UBA) schließt eine Gefahr für das Trinkwasser dagegen weiterhin aus. Ehec-Bakterien des aktuellen Ausbruchsstamms kämen im Abwasser und in Gewässern äußerst selten vor. "Da der Anteil an EHEC-Kranken in der Bevölkerung sehr gering ist, gibt es unter den im Abwasser vorkommenden Darmbakterien nur in Ausnahmen Ehec", heißt es in einer Erklärung des UBA vom Sonntag.
Auf einem Treffen in der vergangenen Woche in Berlin forderte die Trinkwasserkommission dennoch strenge Kontrollen für Beregnungs- und Prozesswasser im Gemüse- und Sprossenanbau, aber auch für das Trinkwasser aus kleineren Wasserwerken.
Das UBA erklärte ebenfalls, dass in sehr kleinen öffentlichen Wasserversorgungen und in einigen Gegenden insbesondere auch in Hausbrunnen zeitweilig E.-coli-Bakterien gefunden. Das zeige, dass möglicherweise auch andere Krankheitserreger vorkommen könnten. "Deshalb ist eine Verbesserung der Überwachung in diesem Bereich mittelfristig notwendig."