
Ehec: Forscher identifizieren Erreger-Typ
Gefährliche Darminfektionen Spanische Gurken als Ehec-Quelle identifiziert
Hamburg - Ist das der Durchbruch? Wissenschaftler haben das Ehec-Bakterium an vier Salatgurken gefunden, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Donnerstag in der Hansestadt. Drei der Gurken stammten aus Spanien, von der vierten sei die Herkunft vorerst noch unklar. Bei einer handle es sich um ein Bio-Erzeugnis. Alle entsprechenden Produkte würden aus dem Warensortiment genommen, sagte die Senatorin. Die Proben stammten vom Hamburger Großmarkt.
Die Ergebnisse sollten bei weiteren Messungen überprüft werden. "Informationen zu Herkunft und weiteren Details werden jetzt zusammengestellt." Die Studie sei bislang nur in Hamburg erfolgt und habe nur bedingten Aussagewert für andere betroffene Orte, sagte die Senatorin. "Es ist nicht auszuschließen, dass auch andere Lebensmittel als Infektionsquelle in Frage kommen." Die Warnung des Robert-Koch-Instituts (RKI), allgemein vorsichtig mit Rohkost zu sein, gelte weiterhin.
Inzwischen sind 214 Patienten am besonders gefährlichen hämolytisch-urämisches Syndrom erkrankt, meldet das RKI am Donnerstag. Am Mittwoch waren erst 140 Fälle bekannt. Auch in Dänemark wurden erste Ehec-Fälle gemeldet.
Forscher des Uni-Klinikums Münster hatten zuvor den Ehec-Typ identifiziert, der für die Welle von gefährlichen Darminfektionen verantwortlich ist. Wie das Uni-Klinikum mitteilt, stellten die Forscher am späten Mittwochabend fest, dass es sich um einen Vertreter des Typs "Husec 41" des Sequenztyps ST678 handelt.
Er zählt zu den 42 bekannten Ehec-Typen, die seit 1996 in Deutschland bei Patienten aufgetreten sind - seit 2007 waren keine neuen dazugekommen. Er sei ein alter Bekannter, der bislang nicht auffällig in Erscheinung getreten sei, sagte der Direktor des Instituts für Hygiene des Uni-Klinikums, Helge Karch. Der Typ trete eher selten in Erscheinung. Weder in Deutschland noch weltweit wurden bisher Ausbrüche mit diesem Erregertyp dokumentiert.
Nach ersten Erkenntnissen ist dieser Ehec-Typ resistent gegen verschiedene Antibiotika, auf Penicillin und sogenannte Cephalosporine spricht er nicht an. Eine Behandlung mit Antibiotika ist bei einer Ehec-Infektion nicht ohne weiteres möglich: Die Bakterien können dann noch mehr Toxine abgeben, welche dem Menschen schaden.
Schnelltestverfahren in der Entwicklung
Karch und sein Team entwickeln ein Testverfahren, mit dem Patienten mit Verdacht auf Ehec schnell auf die Erregervariante untersucht werden können. Der Test solle in wenigen Tagen verfügbar sein. Die Erregervariante zu identifizieren, sei ein wichtiger Schritt auf der Suche nach den Übertragungswegen.
Außerdem haben die Forscher begonnen, das gesamte Erbgut des Erregers zu analysieren, um es mit dem von "Husec 41" dokumentierten zu vergleichen. Die Untersuchung soll zeigen, in welchem Maße sich der Ausbruchsstamm im Vergleich zu "Husec 41" exakt verändert hat.
Das RKI riet am Mittwochabend wegen des gefährlichen Durchfallerregers vom Verzehr roher Tomaten, Salatgurken und Blattsalaten aus Norddeutschland ab. Laut RKI ist Norddeutschland nach wie vor am stärksten von den Erkrankungen betroffen. Daher sei es denkbar, dass die kontaminierten Lebensmittel vorrangig dort vertrieben werden. Allerdings seien dem RKI auch Ehec-Fälle aus anderen Bundesländern gemeldet worden, so dass auch es auch dort kontaminierte Lebensmittel geben könnte.
Am Donnerstag relativierte das RKI die Warnung: Nun hieß es, Verbraucher sollten "insbesondere in Norddeutschland" Tomaten, Gurken und Blattsalate nicht roh verzehren. Dies bedeutet nicht, dass der Obst- und Gemüseanbau im Norden Quelle der Erkrankungen ist: Die Herkunft der möglicherweise belasteten Salate und Gemüsesorten sei bisher nicht bekannt, erklärte das RKI.
Ein Sprecher des Deutschen Bauernverbands nannte es nicht logisch, wie ein solcher Erreger auf Gemüse aus Norddeutschland gelangen sollte. "Generell wird kein vernünftiger Bauer Gülle auf sein Gemüse gießen. Damit schadet er sich nur selbst, denn Geschmack und Qualität leiden", sagte Michael Lohse. Zudem seien Tomaten, Salat oder Gurken im Freiland in Norddeutschland noch gar nicht reif. "Und unter Glas kann man, auch wenn man es darauf anlegt, keine Gülle ausbringen", betonte Lohse.
Auch das Kieler Landwirtschaftsministerium zweifelt an der These, dass norddeutsches Gemüse der Auslöser für die Erkrankungen sei. Im Norden sei derzeit heimisches Freilandgemüse nur in geringem Umfang auf dem Markt, sagte ein Ministeriumssprecher.
In Gemüse und Salaten aus Norddeutschland sind die Ehec-Darmkeime bislang nicht gefunden worden, sagte der Sprecher der Bundesvereinigung der Erzeugerorganisationen Obst und Gemüse (BVEO), Karl Schmitz. "Alle gezogenen Proben von den drei großen in Norddeutschland ansässigen Erzeugerorganisationen waren negativ."
Dem BVEO-Sprecher zufolge wollen die großen Gemüseerzeuger in Norddeutschland nun ihre Produkte noch vor der Ernte testen, damit das Ergebnis feststeht, bevor die Ware in den Handel kommt. Zudem habe der Verband beim Freilandanbau Bodenproben empfohlen, "damit der Verbraucher guten Gewissens kaufen und essen kann".