Gesundheitsstudie Fluglärm erhöht Herzinfarktrisiko

Je länger die Belastung durch Fluglärm, desto höher ist das Herzinfarktrisiko: Zu diesem Ergebnis kommen Schweizer Forscher, die Daten von mehr als vier Millionen Menschen ausgewertet haben. Überraschenderweise ist dieser Zusammenhang unabhängig von schlechter Luftqualität.
Lufthansa-Maschine im Anflug auf Berlin-Tegel: Lärm nervt - und macht krank.

Lufthansa-Maschine im Anflug auf Berlin-Tegel: Lärm nervt - und macht krank.

Foto: dapd

Herzinfarkt

London - Menschen, die über viele Jahre dem Lärm startender oder landender Flugzeuge ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko, einen zu erleiden. Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Studie aus der Schweiz. Zudem haben die Wissenschaftler gezeigt: Je länger die Lärmbelastung andauert und je höher der Geräuschpegel ist, desto größer ist das Infarktrisiko.

Wie das Forscherteam um Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern jetzt im Fachmagazin "Epidemiology"  berichtet, bestehe der Effekt unabhängig von der Luftverschmutzung - und lasse sich bereits für einen Lärmpegel von 60 Dezibel nachweisen. 60 Dezibel sind nicht besonders laut: Lebhafte Gespräche in einer Kneipe kommen auf einen ähnlichen Schallpegel. Ein Presslufthammer liegt mit 120 Dezibel knapp unterhalb der Schmerzgrenze, bei einem startenden Düsenjet - 130 Dezibel - hält sich jeder die Ohren zu.

Sowohl akuter und chronischer Lärm als auch Luftverschmutzung gelten als mögliche Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Probleme. Das Problem beim Verkehrslärm: Sein Einfluss auf die Gesundheit lässt sich kaum von der Wirkung der meistens gleichzeitig auftretenden Luftverschmutzung trennen.

Lärm von Luftverschmutzung getrennt betrachtet

Die Schweizer Wissenschaftler nahmen sich deshalb die Folgen von Fluglärm vor, da die Abgasbelastung durch Flugzeuge die Menschen rund um einen Flughafen nicht stärker betrifft als diejenigen, die an anderen Orten leben. Für die Untersuchung werteten die Forscher die Daten von mehr als 4,5 Millionen Personen aus über 30 Jahren aus.

Es zeigte sich, dass Lärm tatsächlich das Herzinfarktrisiko erhöht - und zwar unabhängig davon, wie gut die Luftqualität ist. Besonders hoch war das Risiko für Personen, die dem Lärm seit mindestens 15 Jahren ausgesetzt waren und die in schlecht isolierten Häusern wohnten. "Das deutet darauf hin, dass Schallschutzmaßnahmen gesundheitlich wirksam sein können", sagt Studienleiter Egger. Andere Todesursachen wie etwa verschiedene Arten von Krebs zeigten hingegen keine Korrelation mit dem Fluglärm.

Lärm sei ein typischer Stressauslöser für den Menschen, erklären die Wissenschaftler. Er beeinträchtige das Nerven- und Hormonsystem und steigere dadurch das Herzinfarktrisiko. Sie wollen nun weitere Studien durchführen, um die Verbindung zwischen Lärm und Herzinfarkten genauer zu untersuchen.

Vor einigen Monaten war eine Studie des Umweltbundesamts zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen: Bremer Epidemiologen konnten anhand von Krankenkassendaten aus der Umgebung des Flughafens Köln/Bonn belegen, dass bei Anwohnern die Zahl der gefährlichen Herz-Kreislauf-Krankheiten und Schlaganfälle stark angestiegen war.

cib/dapd
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten