Verschwendungsvorwürfe Organspende-Stiftung im Zwielicht

Aufkleber "Human Organ - For Transplant": sensibles Thema Organspende
Foto: dapdHamburg - Man sollte immer ganz genau darauf achten, dass die Spesenabrechnung stimmt, sagte einmal ein Krankenkassen-Vorstand, der namentlich lieber nicht genannt werden will. Hier suchten Gegner doch immer zuerst. "Und man findet ja auch immer etwas." Auch bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) wurden Wirtschaftsprüfer nun fündig.
Die DSO koordiniert den sensiblen Bereiche der Organspende, von der Meldung eines Spenders bis zur Übergabe des Organs an das Transplantationszentrum. Das ist ihr gesetzlicher Auftrag, dafür wird sie von den Krankenkassen bezahlt.
Immer wieder gab es Kritik am Geschäftsgebaren und der Struktur der Stiftung. Nachdem im Oktober und Dezember 2011 in anonymen E-Mails an gesundheitspolitische Akteure Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität erhoben wurden, beauftragte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) den Stiftungsrat, die Vorwürfe klären zu lassen.
Die BDO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft schreibt nun in einem Gutachten, das SPIEGEL ONLINE vorliegt, dass grundsätzlich kein Fehlverhalten zu erkennen sei. Dennoch zählt sie einige Ungereimtheiten auf. So soll der Vorstand gegen die eigene Geschäftsordnung verstoßen haben, als er 2007 für die Ausstattung von rund 80 Arbeitsplätzen in der neuen Zentrale am Frankfurter Deutschherrenufer 530.000 Euro ausgegeben hat - ohne zuvor die Genehmigung des Stiftungsrats einzuholen. Ausgaben über einer halben Million Euro müssten abgesegnet werden.
Per Flieger nach Los Angeles
Offene Fragen bleiben bei einer Dienstreise von Thomas Beck. Zwar weisen die Wirtschaftsprüfer den Vorwurf zurück, der kaufmännische Direktor der Stiftung sei im März 2008 unangemessen erster Klasse nach Los Angeles gereist. Der Langstreckenflug sei in der Business-Class erfolgt. Was aber macht der Vorstand einer deutschen Stiftung in Los Angeles? Er sei zu einem Foto-Shooting geflogen, aus dem Plakatmotive für die Treuhandstiftung "Fürs Leben" der DSO entstehen sollten.
Beck sei dorthin gereist, "um zu überprüfen, dass alles richtig läuft", sagt der medizinische Vorstand der Stiftung, Günter Kirste. Er könne die ganze Aufregung nicht nachvollziehen. Die DSO sei das am genausten kontrollierte Gremium im Bereich der Organspenden, alles sei transparent.
Einige Kuriositäten festgestellt
Und was ist mit einem neuen Montblanc-Füllfederhalter, Kostenpunkt 323 Euro? Der sei dienstlich genutzt und Beck gestohlen worden. Keine Einwände im Punkt Dienstwagen, notieren die Wirtschaftsprüfer: Beck habe nicht jedes Jahr ein neues Auto angeschafft. Zwar waren es vier in sechs Jahren, die entstandenen Mehrkosten habe Beck aber selbst getragen.
Insgesamt, so notiert die BDO, sei kein Fehlverhalten des Vorstands zu erkennen. Zugleich notieren die Wirtschaftsprüfer aber auch, dass sie sich auf "ausgehändigte Daten und Unterlagen" sowie "mündliche Auskünfte" stützen, deren Richtigkeit sie "nicht abschließend beurteilen" könnten. Sie schließen auch nicht aus, dass sie bei Kenntnis weiterer Informationen "zu einem anderen Ergebnis gekommen wären".
In ihrer jüngsten Sitzung zeigten sich die Mitglieder des Gesundheitsausschusses nicht zufrieden. Das Fazit des Prüfberichts sei, dass es bei der DSO zwar kein Fehlverhalten gebe, das strafrechtlich relevant wäre - wohl aber "Kuriositäten", wie es ein Abgeordneter formulierte.
"Alle Ungereimtheiten klären"
Das Bundesgesundheitsministerium wollte die Ereignisse nicht kommentieren. Ein Sprecher deutete aber an, dass sich an den Strukturen und Abläufen der DSO etwas ändern müsse. Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU, sagte: "Wir wollen der DSO die Chance geben, innerhalb ihrer Struktur für Transparenz zu sorgen und alle Ungereimtheiten zu klären."
Interessant werden die jüngsten Ereignisse, weil die DSO selbst das Gutachten vergangene Woche zwar an die Aufsichtsbehörde in Darmstadt und auch an das Bundesgesundheitsministerium geschickt hatte, hier aber die Weitergabe an Dritte untersagt hatte. Die Stiftung erklärte lediglich, "dass die Prüfung einer Vielzahl von Vorwürfen gegen den Vorstand der DSO insgesamt, insbesondere aber gegen den kaufmännischen Vorstand, kein Fehlverhalten erkennen ließ".
Das sieht Harald Terpe, Organspende-Experte der Grünen, anders. "Der Stiftungsrat, der wie ein Aufsichtsrat einer Firma fungiert, muss erkennen, dass es bei den Vorwürfen nicht um eine Petitesse gehe", sagte er der "Ärzte Zeitung". Es gehe um nicht weniger als einen Vertrauensbruch gegenüber den Spendern, die wissen wollten, wem sie ihre Organe anvertrauten. Die DSO habe vom Staat eine öffentliche Aufgabe bekommen und genieße quasi Behördenstatus.