Experimentelle Therapie Klon-Antikörper bekämpft HIV im Menschen

Erstmals haben Mediziner eine Immuntherapie gegen HIV erfolgreich am Menschen getestet. Mit geklonten Antikörpern töteten sie das gefährliche Virus im Körper von Patienten ab. Ein wichtiges Problem bleibt jedoch ungelöst.
Humanes Immunschwäche-Virus HIV: Es befällt unter anderem T-Helferzellen des Immunsystems

Humanes Immunschwäche-Virus HIV: Es befällt unter anderem T-Helferzellen des Immunsystems

Foto: Hans-Ulrich Osterwalder/ picture-alliance / dpa

Antikörper töten von Viren befallene Zellen ab, so wehrt sich das Immunsystem gegen gefährliche Eindringlinge. Doch bei HIV funktioniert das Prinzip nicht so wie bei anderen Krankheiten, denn HIV befällt Zellen des Immunsystems und tötet sie ab. So schwächt das Virus nach und nach die Körperabwehr. Langfristig führt das zu einem Defekt des Immunsystems.

Nun haben Forscher erstmals eine Immuntherapie gegen das Virus erfolgreich in einer kleinen Studie im Menschen getestet. Im Gegensatz zu bisher verwendeten antiretroviralen Medikamenten hindert die Behandlung das Virus nicht nur an der Vermehrung, sondern regt das Immunsystem an, infizierte Zellen gezielt abzutöten. Somit könne sie ein neuer Baustein werden für die Prävention, Behandlung und Heilung einer HIV-Infektion, schreiben die Forscher im Fachblatt "Nature" .

Weniger Viren, keine schweren Nebenwirkungen

Das Team um Marina Caskey von der Rockefeller University in New York testete einen Antikörper, den es aus dem Blut von sogenannten Controllern isoliert und geklont hatte. Controller sind Menschen, in denen sich das Virus über längere Zeiträume kaum vermehrt. Dadurch bilden sie Antikörper, die gegen HI-Viren wirksam sind - allerdings meist erst nach mehreren Jahren.

Der getestete Antikörper 3BNC117 setzt sich an die Stelle auf der Virushülle, mit der der Erreger normalerweise an Wirtszellen andockt. Im Labor wirkte der Antikörper 3BNC117 gegen 195 von 237 HIV-1-Stämmen. "Das Besondere an diesen Antikörpern ist, dass sie sich gegen mehr als 80 Prozent der HIV-Stämme richten und extrem potent sind", wird Erstautorin Caskey in einer Mitteilung ihrer Universität zitiert.

Beim Test mit 17 HIV-Patienten und 12 nicht infizierten Menschen, denen unterschiedliche Dosen des Antikörpers injiziert wurden, fanden die Wissenschaftler in den folgenden acht Wochen nach der Behandlung keine schweren Nebenwirkungen. Bei allen acht Infizierten, die die höchste Dosis von 30 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht bekommen hatten, sank die Menge der Viren im Blut binnen einer Woche deutlich. Bei vier von ihnen war sie auch nach acht Wochen noch nicht auf das Ausgangsniveau angestiegen.

Impfung in weiter Ferne

"Die Studie zeigt zum ersten Mal, dass Antikörper gegen HIV beim Menschen einen therapeutischen Effekt haben", sagt Klaus Überla vom Universitätsklinikum Erlangen, der nicht an der Untersuchung beteiligt war. Zum therapeutischen Einsatz müsse ein Antikörper aber langfristig wirksam sein, was die Studie nicht gezeigt habe.

Das Problem: Das HI-Virus verändert sich ständig. "Ein Antikörper allein wird - ebenso wie nur ein Medikament - nicht ausreichen, um die Virenlast auf lange Sicht zu unterdrücken", muss auch Caskey zugeben. Für eine vollständige Kontrolle der Infektion müsse ein Antikörper entweder mit anderen Antikörpern oder aber mit Medikamenten kombiniert werden. Durch molekulartechnische Eingriffe ließe sich die Wirkung von Antikörpern aber möglicherweise noch steigern.

Die Hoffnung der Forscher, ihre Antikörpertherapie könne Grundlage für eine HIV-Impfung sein, sieht Überla skeptisch: Eine solche Vakzine müsse das Immunsystem dazu bringen, genau diese Art von Antikörper zu bilden. Selbst bei infizierten Menschen werde dies nur selten und dann erst nach mehreren Jahren beobachtet.

jme/dpa
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