Studienüberblick
HP-Viren können wahrscheinlich Prostatakrebs auslösen
Sie können Gebärmutterhalskrebs verursachen und sind wohl auch an der Entstehung von Prostatakrebs beteiligt: Humane Papillomaviren. Die Impfung von Jungen wird aber schon aus anderen Gründen empfohlen.
Humane Papillomaviren (HPV) werden beim Sex übertragen, die meisten sexuell aktiven Menschen stecken sich im Laufe ihres Leben einmal oder mehrmals mit HPV an. Viele dieser Infektionen sind harmlos, doch einige HPV-Stämme können das Krebsrisiko erhöhen. Dies weiß man bereits sicher für Gebärmutterhalskrebs, Krebs in Mund und Rachen, am Penis und am Anus.
Wahrscheinlich stehen bestimmte HP-Viren darüber hinaus auch in Verbindung mit Prostatakrebs, wie die australischen Forscher James Lawson und Wendy Glenn im Fachblatt "Infectious Agents and Cancer" berichten.
Die beiden Wissenschaftler von der University of New South Wales in Sydney fassen in ihrer Arbeit den aktuellen Forschungsstand zum Thema mit dem Fazit zusammen, dass es "sehr wahrscheinlich" ist, dass HPV eine ursächliche Rolle bei der Entstehung von Prostatakrebs spielen.
So zeigte sich beispielsweise, dass in Prostatatumoren häufiger Erbgut von krebsfördernden HP-Viren nachweisbar ist als in gesunden Prostatadrüsen. Die Forscher zitieren mehrere Studien, laut denen rund 22 Prozent der untersuchten Tumore HPV-positiv waren, in den Kontrollen ohne Krebs waren es lediglich knapp sieben Prozent.
Außerdem sei belegt, dass die aggressiven HPV-Stämme mit einer Prostata-Entzündung in Verbindung stehen können. Diese wiederum kann zu einer gutartigen Vergrößerung der Drüse führen, die mit einem höheren Prostatakrebs-Risiko einhergeht.
Ein weiterer Hinweis, dass die Viren sowohl Gebärmutterhals- als auch Prostatakrebs verursachen können, ist laut den beiden Wissenschaftlern: In Ländern, in denen es vergleichsweise viele Todesfälle durch eine der Krebsformen gibt, ist auch die Todesrate durch den anderen Krebs relativ hoch.
Zu früh für Handlungsempfehlungen
Allerdings ist bisher unklar, auf welchem Weg eine HPV-Infektion Prostatakrebs auslösen könnte, auch wenn Forscherinnen und Forscher bereits über verschiedene Zellmechanismen sprechen, die beteiligt sein könnten.
Während HPV mit rund 99 Prozent der Gebärmutterhalskrebs-Fälle in Verbindung steht, gehen die Forscher bei Prostatakrebs von einem weniger eindeutigen Zusammenhang aus. So spielen hier vermutlich noch andere Krankheitserreger eine Rolle. Es ist also denkbar, dass HPV bei einigen, aber bei Weitem nicht bei allen Prostatatumoren beteiligt ist.
Michael Muders, Direktor des Rudolf-Becker-Labors für Prostatakarzinomforschung und Oberarzt am Zentrum für Pathologie der Uniklinik Bonn, weist darauf hin, dass immer noch ein stichhaltiger wissenschaftlicher Beweis fehle, auf dessen Grundlage weitere Handlungsempfehlungen ausgesprochen werden könnten.
Impfung für Mädchen und Jungen empfohlen
Allerdings gibt es in Deutschland bereits eine Empfehlung, durch die sich künftig einige Prostatakrebsfälle verhindern ließen, wenn die HP-Viren tatsächlich diese Tumoren fördern: Denn inzwischen wird die HPV-Impfung nicht nur für Mädchen empfohlen, sondern auch für Jungen. Beide sollten sich im Alter von 9 bis 14 Jahren vor dem ersten Sexualkontakt impfen lassen.
Dies kann auch seltenen Krebserkrankungen an Penis, Anus sowie im Rachenraum vorbeugen. Ebenso senkt die Impfung das Risiko unangenehmer Genitalwarzen, die bei einer HPV-Infektion wachsen können. Und wenn Mädchen und Jungen gleichermaßen geimpft werden, lässt sich einfacher eine Herdenimmunität erreichen, durch die die Viren effektiv eingedämmt werden. Falls die Impfung über all diese Vorteile hinaus zusätzlich das Risiko von Prostatakrebs senken sollte - umso besser.