Impfstoff von AstraZeneca Mehrere EU-Länder setzen Coronaimpfungen aus

Nach Berichten über Gerinnungsstörungen unterbrechen mehrere EU-Länder die Impfungen mit der AstraZeneca-Vakzine. Deutschland will diesen Schritt vorerst nicht gehen.
Impfungen in Rom: Eine bestimmte Charge von AstraZeneca nicht mehr verimpfen

Impfungen in Rom: Eine bestimmte Charge von AstraZeneca nicht mehr verimpfen

Foto: Andrew Medichini / AP

Nach Dänemark setzen auch Island und Norwegen vorübergehend den Einsatz des Impfstoffs vom schwedisch-britischen Konzern AstraZeneca aus. Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme, erklärt der Abteilungsleiter für Infektionskrankheiten am norwegischen Institut für öffentliche Gesundheit, Geir Bukholm. Zuvor hatte Dänemark verkündet, dass vorübergehend niemand mit dem Mittel von AstraZeneca geimpft werden solle. Grund dafür waren Berichte über schwere Gerinnungsstörungen. Allerdings ist unklar, ob der Impfstoff ursächlich war für die Gerinnsel.

Bis 9. März seien insgesamt 22 Fälle von Thromboembolie, bei denen ein Blutgerinnsel ein Gefäß ganz oder teils verstopft, unter den drei Millionen mit dem Präparat von Astrazeneca geimpften Personen im Europäischen Wirtschaftsraum gemeldet worden, teilte die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) mit. Nach den bisherigen Informationen sei die Zahl der Fälle von Patienten mit Blutgerinnseln nicht höher als allgemein in der Bevölkerung, sagte eine Ema-Sprecherin in Amsterdam. »Momentan gibt es keinen Hinweis, dass die Impfung die Gerinnungsstörungen ausgelöst hat.« Sie zählten nicht zu den bekannten Nebenwirkungen der Vakzine. Die Experten würden aber weiterhin Berichte prüfen. Auch am Donnerstag sah die EU-Behörde keine Verbindung zwischen den Thrombose-Fällen und dem Präparat.

Kein Hinweis auf kausalen Zusammenhang

In Norwegen haben bislang rund 122.000 Menschen in Norwegen den AstraZeneca-Stoff erhalten. Sie werden vom FHI gebeten, sich nicht unnötig Sorgen zu machen. Wenn sich ein Zusammenhang zwischen Impfstoff und Blutgerinnsel herausstelle, würde dies eine äußerst seltene Nebenwirkung darstellen, hieß es in einer Behördenmitteilung.

Auch Österreich hatte bereits am Montag die Impfungen mit einer bestimmten Charge des AstraZeneca-Impfstoffs gestoppt, nachdem eine 49-jährige Frau in Folge schwerer Gerinnungsstörungen gestorben war und eine 35-Jährige eine Lungenembolie erlitten hatte. Das österreichische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen schrieb dazu:  »Aktuell gibt es noch keinen Hinweis auf einen kausalen Zusammenhang mit der Impfung. Aufgrund der bekannten klinischen Daten ist ein kausaler Zusammenhang nicht herstellbar, da insbesondere thrombotische Ereignisse nicht zu den bekannten oder typischen Nebenwirkungen des betreffenden Impfstoffes zählen.«

Am Donnerstag kündigte auch die italienische Medizin-Aufsichtsbehörde Aifa an, die Verwendung bestimmter Chargen des AstraZeneca-Impfstoffs zu verbieten. Bei der Partie mit der Kennung ABV 2856 habe es einige ernst zu nehmende negative Auswirkungen gegeben. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, da noch kein Zusammenhang zwischen den Vorkommnissen und den Impfungen festgestellt werden konnte. Estland, Lettland, Litauen und Luxemburg waren bereits zuvor dem Beispiel Österreichs gefolgt. Die entsprechende Charge umfasste insgesamt rund eine Million Impfdosen und war an 17 europäische Länder verschickt worden.

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Das Bundesgesundheitsministerium in Deutschland hingegen sieht keinen Anlass für einen ähnlichen Schritt. »Nach jetzigem Stand gibt es noch keine Hinweise darauf, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Coronaimpfung ursächlich in Verbindung steht«, erklärte ein Ministeriumssprecher am Donnerstag. »Aktuell untersuchen die europäischen Arzneimittelbehörden den Fall.«

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisierte den Schritt der dänischen Regierung. »Der Impfstoff hätte aus meiner Sicht auf Grundlage eines Falles in Dänemark nicht gestoppt werden sollen«, schrieb er auf Twitter. Die Schädigung des Vertrauens sei immens. Thrombosen seien eine häufige Folge von Covid-19. Davor schütze der Impfstoff von Astrazeneca. Er bleibe dabei, dass der Impfstoff sicher sei. »Ich würde ihn jederzeit nehmen.«

Ein weiterer deutscher Experte hält einen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Todesfall für unwahrscheinlich. »Ein direkter Zusammenhang ist nicht richtig vorstellbar, das kann auch Zufall sein«, sagte Bernd Salzberger vom Universitätsklinikum Regensburg. »Gefäßverschlüsse sind weder in den Zulassungsstudien aufgetaucht noch bei den Impfungen in England, und dort ist man sehr wachsam.«

hei/Reuters/dpa
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