IQWiG-Chef unter Beschuss Neue Vorwürfe gegen Arzneimittelprüfer Sawicki

IQWiG-Chef Peter Sawicki: Muss um seinen Posten bangen
Berlin - Der von der Pharmaindustrie kritisierte Chef eines einflussreichen Arznei-Prüfinstituts, Peter Sawicki, muss um seinen Posten fürchten. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zitiert aus einem Prüfbericht, wonach es beim von ihm geleiteten Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Abrechnungsfehler gegeben haben soll.
Konkret geht es um Sawickis Auto: Eigentlich habe der IQWiG-Vorstand dem Institutschef zugesichert, dass er seinen Privatwagen als Dienstwagen nutzen könne. Dann habe Sawicki aber Dienstwagen ohne neuerliche Absprache geleast. Im Vergleich zur ursprünglichen Dienstwagen-Absprache seien Mehrkosten von 40.600 Euro angefallen. Peter Sawicki dementierte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE den FAZ-Bericht: "Wesentliche Aussagen des FAZ-Berichts sind falsch. Durch das Leasing entstanden keine keine Mehrkosten." Im Detail wollte das IQWiG zu dem Prüfbericht jedoch keine Stellung nehmen. Der Grund: Zwischen den Vorstandsmitgliedern und Sawicki sei Vertraulichkeit über den Prüfbericht vereinbart worden.
Das IQWiG bewertet Vor- und Nachteile medizinischer Leistungen, vor allem aber die Wirksamkeit von Arzneimitteln. Fällt eine solche Bewertung negativ aus, werden die Kosten für das Mittel oft nicht mehr von den gesetzlichen Kassen übernommen - für den Hersteller bedeutet das Millionenverluste. Sawicki - ein scharfer Kritiker der Pharmaindustrie - sorgt dafür, dass bei den Bewertungen strenge wissenschaftliche Regeln eingehalten werden.
Finanziert wird das IQWiG aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Über die Leitung des Instituts entscheidet laut Satzung einstimmig der Vorstand des IQWiG. Dort sitzen Vertreter des GKV-Spitzenverbandes, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Stefan Kapferer, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium.
Ärzte unterstützen Sawicki
Sawicki leitet das Institut seit 2004. Der IQWiG-Vorstand will am Mittwoch über die turnusgemäß anstehende erste Verlängerung seines fünfjährigen Arbeitsvertrags entscheiden. Eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums ließ am Montag offen, wie Staatssekretär Kapferer in der Vorstandssitzung abstimmen werde. Sawickis Vertrag läuft bis 31. August.
Offenbar arbeitet auch die Regierung an der Ablösung Sawickis. In einem Papier ("Kernforderungen an eine schwarz-gelbe Gesundheitspolitik") sprechen sich die führenden Gesundheitspolitiker der Unionsfraktion für eine Neuausrichtung des IQWiG aus. Sawicki solle nach Ablauf seines Vertrags in diesem Sommer durch einen industriefreundlicheren Kandidaten ersetzt werden. Für Sawicki machten sich zahlreiche Ärzte stark, die eine Petition an Gesundheitsminister Philipp Rösler und an den IQWiG-Stiftungsrat richteten.
Schon im Jahr 2007 sah sich Sawicki Vorwürfen der Vetternwirtschaft ausgesetzt, weil das IQWiG Aufträge an eine Einrichtung vergeben hatte, an der dessen Ehefrau beteiligt war. Externe Wirtschaftsprüfer wurden beauftragt, die Angelegenheit zu untersuchen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es zwar formale Fehler bei der Auftragsvergabe gegeben habe, sprachen Sawicki jedoch von persönlicher Vorteilsnahme oder Begünstigung frei. Der IQWiG-Vorstand ermahnte Sawicki daraufhin, sprach ihm aber weiterhin das Vertrauen aus. 2008 gab es wieder Ärger: Ein IQWiG-Experte hatte zugleich die Pharmaindustrie beraten.