Kein Durchbruch Riken-Institut zieht umstrittene Stammzellstudie zurück

Stammzellen mit einem einfachen Säurebad erzeugen - japanische Forscher wollten genau diesen Riesenfortschritt geschafft haben. Schnell häuften sich Vorwürfe, dass die Forscher geschummelt haben. Nun hat das Labor die Studie endgültig zurückgezogen.
Fortschritt oder Fälschung: Ein Mäuseembryo, erzeugt aus Stammzellen

Fortschritt oder Fälschung: Ein Mäuseembryo, erzeugt aus Stammzellen

Foto: Haruko Obokata

Kobe - Der Skandal um die japanische Stammzellstudie ist an seinem Endpunkt angelangt: Das Riken-Zentrum für Entwicklungsbiologie, dessen Mitarbeitern der angeblich so wichtige Durchbruch in der Stammzellenforschung gelungen war, hat die Studie jetzt endgültig zurückgezogen.

Man habe es nicht geschafft, die sensationellen Ergebnisse zu wiederholen, sagte ein Mitarbeiter des Forschungsinstituts. Man versuche es allerdings weiter. Es sei völlig offen, ob dies am Ende gelingen werde. "Es ist, als sollten wir Lotto-Ergebnisse vorhersagen".

Wissenschaftlerin Haruko Obokata, die maßgeblich an der Studie beteiligt war, und die die Fachwelt im Januar noch mit ihren erstaunlichen Resultaten überrascht hatte, ist ebenfalls unter den Forschern, die an einer möglichen Bestätigung arbeiten.

Verjüngung mittels Zitronensäure?

Das Team um Obokata aus Japan und den USA hatte Ende Januar in der renommierten britischen Zeitschrift "Nature" berichtet , dass es unter anderem mit Säure Körperzellen neugeborener Mäuse in eine Art embryonalen Zustand zurückversetzt hätte . Es hätte ausgereicht, T-Zellen in Flüssigkeit mit einem pH-Wert von 5,4 bis 5,8 baden zu lassen, schrieben die Forscher. Das Entstehen von Pluripotenz durch einen Reiz, stimulus-triggered acquisition of pluripotency, nannten sie kurz STAP. Diese sogenannten STAP-Zellen könnten sich wieder in nahezu jeden Zelltyp entwickeln.

Schnell häuften sich jedoch Hinweise auf eine mögliche Schlamperei oder sogar vorsätzliche Täuschung der japanischen Forscher. Bereits kurz nach der Veröffentlichung äußerten sich anonyme Blogger auf der Plattform Pubpeer  und wiesen auf Methodenfehler hin. Die Vorwürfe: Bilder seien doppelt verwendet, eine Abbildung zusammengeschnitten worden und das Verfahren nicht rekonstruierbar.

Im Juli zog "Nature" die Arbeit zurück. Zuvor hatte eine Untersuchung gezeigt, dass die beiden erschienenen Artikel zu den Experimenten fehlerhafte Daten enthielten. Mit dem Rückzug der Studien können ihre Ergebnisse nicht mehr als Grundlage für weitere Untersuchungen genutzt werden.

Mängel bei der Qualitätsprüfung

Das japanische Riken-Institut selbst hatte entdeckt, dass Aufnahmen in der Studie solchen aus der Doktorarbeit von Erstautorin Haruko Obokata aus dem Jahr 2011 ähnelten. Das renommierte Institut beschuldigte die Forscherin der Manipulation und kündigte an, die Studienresultate in Labortests zu überprüfen, was ein Jahr dauern würde. Die 30-Jährige hatte sich hingegen noch im April auf einer live übertragenen Pressekonferenz gegen die Vorwürfe verteidigt, allerdings auch Fehler eingeräumt.

"Nature" selbst betonte in einem Kommentar , die Zeitschrift habe die Studie von Gutachtern prüfen lassen. "Obwohl Herausgeber und Gutachter die verhängnisvollen Fehler in dieser Arbeit nicht hätten erkennen können, hat dieser Vorgang Schwächen in den Abläufen von 'Nature' und der mit uns veröffentlichenden Institutionen aufgezeigt." Die Qualitätsprüfung werde nun verbessert - auch um sicherzustellen "dass das Vertrauen von Bürgern in Wissenschaft nicht betrogen wird".

Das Riken-Zentrum selbst gab sich ebenfalls schuldbewusst. Eine neue Arbeitsorganisation soll helfen, ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden. Außerdem wolle man sich von einzelnen Mitarbeitern trennen.

nik/AP
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