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Veronika Hackenbroch

Frauenförderung Warum Forscherinnen so oft unsichtbar bleiben

Liebe Leserin, lieber Leser,

wer als Ärztin eine wissenschaftliche Karriere machen will, benötigt nicht nur eine gute Stelle, ein attraktives Forschungs­gebiet und Publikationen in hochrangigen Fachzeitschriften.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist auch, wie häufig die eigenen Veröffentlichungen von anderen Wissenschaftlern ­zitiert werden. Die Forschung kann noch so gut sein – wenn sie nicht wahrgenommen und gewürdigt wird, sinkt ihre Bedeutung.

aus DER SPIEGEL 28/2021

Wer selten zitiert wird, bleibt unsichtbar. Gute Stellenangebote sind dann rar, und die Vorträge vor großem Publikum halten andere – die danach noch häufiger zitiert werden.

Wie viel seltener Publikationen von Wissenschaftlerinnen tatsächlich zitiert werden, haben jetzt Paula Chatterjee und Rachel Werner  von der University of Pennsylvania anhand von mehr als 5000 Forschungsarbeiten aus fünf hochrangigen medizinischen Fachzeitschriften untersucht. Artikel mit einer Erstautorin (diejenige, die meist den Hauptanteil der Untersuchungen durchführt hat) wurden im Mittel nur 36-mal zitiert – gegenüber 54-mal, wenn der Erstautor ein Mann war.

Bei Artikeln mit einer Hauptautorin (meist eine Forschungsgruppenleiterin, die die Arbeit beaufsichtigt hat) sah es kaum besser aus; dort betrug das Verhältnis 37 zu 51. Am seltensten wurden solche Artikel zitiert, bei denen Frauen sowohl Erst- als auch Hauptautorinnen waren.

Die Gründe für dieses Ungleichgewicht können schwerlich in einer mangelnden Qualität der Forschungsergebnisse liegen; denn von den fünf ausgewerteten Fachzeitschriften wird nur gute Wissenschaft akzeptiert. Eine mögliche Erklärung: Offenbar sorgen Frauen weniger aktiv als Männer dafür, sichtbar zu werden.

Forscherinnen verfügen noch immer über kleinere soziale Netzwerke, sodass die Wirkung ihrer Publikationen seltener auf Platt­formen wie Twitter  – das zu einem wichtigen Marktplatz für Forschungsergebnisse geworden ist – verstärkt wird. Zudem zitieren sich Frauen weniger häufig selbst .

Die Untersuchung zeigt, dass es nicht reicht, in der Wissenschaft eine Frauenquote einzuführen. Wer echte Chancen­gleichheit will, muss Frauen viel umfassender fördern – und sie darin unterstützen, sichtbarer zu werden.

Herzlich

Ihre Veronika Hackenbroch

(Feedback & Anregungen? ) 

Abstract

Meine Leseempfehlungen dieser Woche:

  • Südkorea  schien am Anfang der Pandemie alles richtig zu machen. Doch weil nur langsam geimpft wird, steigen die Corona-Fallzahlen dort jetzt steil an.

  • Heimlich zuhören beim Homeschooling? Durch Lücken in einem Videokonferenzsystem war das möglich.

  • Wir werden uns an Hitzewellen  wie die, die derzeit in Nordamerika  und Skandinavien  herrschen, und Starkregen wohl gewöhnen  müssen.

  • Sollte man die Sommerferien nutzen, um Luftfilter  in den Klassenräumen zu installieren?

  • Können wir jetzt mit dem Coronavirus  leben? Darauf gibt es keine einfache Antwort.

Quiz*

1. Welche Krankheit lässt sich mit dem Wassermann-Test nachweisen?

2. Wo liegen die Langerhans-Inseln?

3. Wo ist die menschliche Haut am unempfindlichsten?

*Die Antworten finden Sie ganz unten im Newsletter.

Bild der Woche

Foto: Kieran Avery / Caters News

Tief eingesunken im Schlamm, kämpft dieser Elefant in der kenianischen Region Isiolo um sein Leben. Naturschützer konnten das völlig ­erschöpfte Tier schließlich retten. Sie schlangen Riemen um das Hinterteil des Elefantenweibchens und zogen es langsam, Stück für Stück, mit einem Traktor aus der Todesfalle heraus.

Fußnote

130 Jahre alt könnte ein Mensch bis Ende dieses Jahrhunderts werden – mit einer Wahrscheinlichkeit von 13 Prozent. Das haben Forscher der University of Washington errechnet . Mit 44-prozentiger Wahrscheinlichkeit wird bis dahin ein Alter von 128 Jahren erreicht werden, mit 89-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Alter von 126 Jahren – und dass der Alters­rekord von 122 Jahren der Französin Jeanne Calment geknackt wird, gilt den Wissen­schaftlern sogar mit mehr als 99 Prozent als sicher.

Empfehlungen aus der Wissenschaft 

*Quizantworten

1. Die Syphilis
2. In der Bauchspeicheldrüse
3. An der Ferse

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