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Klinische Studien in Indien: Verloren im Tata Memorial Hospital

Foto: Nicola Kuhrt

Tata Hospital in Mumbai Der Akkord-Doktor

Für einen deutschen Arzt wären die Arbeitsbedingungen von Kumar Prasanna ein Alptraum: Der Onkologe sieht in Indiens größter Krebsklinik bis zu 80 Patienten an einem Nachmittag. Die Sprechstunde wird zum Tollhaus.

Für Datenschutz hat Kumar Prasanna keine Zeit. Der Onkologe arbeitet am Tata Hospital in Mumbai , einer großen Klinik ausschließlich für Krebspatienten. Gegründet 1941 durch den Sir Dorabji Tata Trust, hat sich das Haus zu der führenden Adresse für die Krebsbehandlung entwickelt. Auch in der Erforschung der tödlichen Krankheit hat sich das Tata Memorial Hospital einen Namen gemacht.

Der Andrang ist gigantisch, die Patientenakten stapeln sich im Flur. Nicht selten spricht Prasanna mit über 80 Patienten an einem Nachmittag. Sie drängen sich auf dem Flur, und stecken - in Deutschland undenkbar - auch schon mal den Kopf in Prasannas Büro, wenn sie es nicht mehr aushalten mit dem Warten. Mal gucken, ob der Doktor auch wirklich noch da ist. Der scheint tatsächlich fast zu verschwinden in dem Raum, der gerade einmal zwei Quadratmeter groß ist, Aktenordner und Fachbücher stapeln sich auch hier bis unter die Decke.

Die Akten der Patienten liegen derweil auf einem Hocker im Flur, frei zugänglich für jeden, der vorbeikommt. Prasanna führt Studien für eigentlich alle großen Konzerne durch, sagt er: Roche, Sanofi, Glaxo.Klar, es laufe noch nicht alles rund in seinem Land, aber die Strukturen seien im Aufbau.

Tatsächlich erstellte die indische Arzneimittelbehörde, nachdem neuerliche Skandale im Umgang mit Patienten bekannt wurden, ein neues Gesetz, mit dem die Belange der Testpersonen besser geschützt werden sollen. Das war 2006. Seitdem liegt es im Parlament und wartet auf seine Verabschiedung.

"Natürlich gibt es bei uns auch Ärzte, die klinische Studien wegen des Geldes machen", meint Prasanna. Er selbst werde durch das Tata bezahlt, und das nicht schlecht. Er kann sich glücklich schätzen, viele Mediziner in Indien sind eher schlechter gestellt. Oberärzte kommen lediglich auf ein Grundgehalt von 25.000 Rupien im Monat, umgerechnet rund 360 Euro.

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nik
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