Ärzte-Quiz Wären Sie korrupt?

Wenn das Geld lockt: Was ist erlaubt - und wo beginnt der Betrug?
Foto: CorbisBerlin - Der Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft in Berlin war diesmal weniger gut besucht als sonst. Kein Wunder, unkte so mancher der Gäste im Edelkaufhaus KaDeWe am Ku'damm: In Zeiten heftiger Debatten darüber, ob und wie das Strafrecht verschärft werden muss, um auch niedergelassene Ärzte wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme belangen zu können, war wohl manchem Mediziner nicht nach Feiern zumute.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr gab in der illustren Runde jedenfalls bekannt, jetzt gegen Ärzte im Fall von Korruption und Bestechung juristische Schritte ermöglichen zu wollen. Ermittlungen müssten stattfinden können, erklärte er. Bisher sei allerdings kein Änderungsvorschlag bekannt, mit dem es gelingen würde, Freiberuflichkeit und Therapiefreiheit der Mediziner zu bewahren und gleichzeitig gegen Korruption vorzugehen, sagte sein Sprecher SPIEGEL ONLINE. Bahr wolle die Strafbarkeitsfrage in den kommenden Wochen mit Ärztekammern, Kassen und Justiz beraten.
Auslöser der jüngsten Korruptionsdebatte ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Der gab im vergangenen Juni bekannt, dass Bestechung niedergelassener Ärzte nach geltendem Recht nicht strafbar ist. Durch die Annahme von Zuwendungen etwa für die Verordnung bestimmter Arznei- oder Hilfsmittel machen sich Mediziner also nicht wegen Bestechlichkeit strafbar. Der Bundesgerichtshof hat den Gesetzgeber jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nun an ihm sei, die Strafbarkeitsfrage zu regeln. Denn dass Korruption nicht strafbar ist, bedeutet nicht, dass es sie nicht gibt.
Der korrupte Arzt vermeidet Strafen per Umzug
Ärztefunktionäre wie Andreas Köhler, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), verteidigen ihre Zunft. Bestehende Richtlinien im Berufs- und Sozialgesetz würden vollkommen ausreichen, Fehlverhalten von Medizinern zu ahnden. Dennoch sah er sich angesichts der neuerlichen Debatte veranlasst, die 155.000 Kassenärzte mit einer eigenen Broschüre auf bestehende Spielregeln hinzuweisen, programmatischer Titel "Richtig kooperieren". Zu schnell könnten Ärzte in den Verdacht der Korruption geraten, mahnt Köhler in der Einleitung. Andernfalls könnten Folgen drohen, welche die Zulassung als Vertragsarzt kosten.
"Ein Spezialgesetz wird nur den Frust unter Medizinern erhöhen und den Beruf weiter unattraktiv machen", sagte Günther Jonitz, Präsident der Berliner Ärztekammer. Allerdings müssten Regeln des ärztlichen Berufs -und Sozialrechts strikt angewendet werden können. Seit langem fehlt den meisten Kammern aber eine sogenannte Nachverfolgungsmöglichkeit. Will sich ein Mediziner um seine Strafe drücken, kann er ganz einfach mit seiner Praxis umziehen - in den Handlungsbereich einer anderen Kammer. Die berufsrechtlichen Verfahren, welche die bisher zuständige Ärztekammer anstrengt, müssen in so einem Fall eingestellt werden.
Ganz konkret fordert Jonitz eine "Abschöpfungsmöglichkeit": Zusätzlich zu den Geldbußen, die bestechlichen Ärzten drohen, müssten auch deren erzielte Gewinne eingezogen werden können. "Das könnte dann an soziale Einrichtungen gespendet werden." Wird erhebliches Fehlverhalten festgestellt, müsse ein schnellerer Verlust der Zulassung ermöglicht werden. "Es kann einfach nicht sein, dass einige schwarze Schafe einen ganzen Berufsstand in Misskredit bringen können und dagegen nicht scharf vorgegangen werden kann", sagt Jonitz. Eine Erleichterung der Zusammenarbeit zwischen Kammern und anderen Ermittlungsbehörden wäre dabei ein wichtiges Ziel.
Ermittlungsakten vor die Tür gestellt
So müssten Staatsanwaltschaften die Kammern früher über strafrechtliche Verfahren informieren können, nicht erst nach Anklageerhebung. In komplizierten Wirtschaftsstrafverfahren vergehen oft Jahre, bis Anklage erhoben wird. "Dann hat die Kammer kaum noch Möglichkeiten aktiv zu werden", sagt Jonitz. Viele Verfahren sind daher nach aktuellem Recht schon verjährt, bevor die Kammern überhaupt Kenntnis von ihnen erhalten.
Aktuell ermitteln die Staatsanwaltschaften allerdings meist nicht bei Korruptionsverdacht, sondern nur dann, wenn ein Fehlverhalten auch allgemeine Straftatbestände, wie etwa Abrechnungsbetrug, erfüllt. Die Verfahren wegen des Vorwurfs der Korruption gegen niedergelassene Ärzte haben sie nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes eingestellt. Die Ermittlungsakten der zum Teil nicht ausermittelten Verfahren wurden den Ärztekammern "vor die Tür gestellt", wie deren Juristen berichten.
Dem Vorschlag, den Kammern mehr Befugnisse zu übertragen, erteilte Gesundheitsminister Bahr nun aber eine klare Absage. Diese sollten zwar alle Möglichkeiten erhalten, um in Korruptionsfällen berufsrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Kurzfristig, angehängt an das Krebsregistergesetz im Bundestag, soll der Datenaustausch von Kammern mit anderen Organisationen wie den Kassenärztlichen Vereinigungen ermöglicht werden, sagte Bahr dem Deutschen Ärzteblatt. Polizeiliche oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zählten aber nicht zu den geplanten neuen Befugnissen.