Studie aus Wuhan Covid-19-Patienten haben noch ein Jahr später Beschwerden

Patienten, die mit Covid-19 im Krankenhaus lagen, leiden teilweise noch ein Jahr nach ihrer Infektion an Symptomen. Das zeigt eine Studie mit einigen der ersten Patienten aus Wuhan.
Am Anfang der Pandemie in Wuhan: In der chinesischen Metropole waren die Intensivstationen voll (Foto von Februar 2020)

Am Anfang der Pandemie in Wuhan: In der chinesischen Metropole waren die Intensivstationen voll (Foto von Februar 2020)

Foto: China Daily CDIC / REUTERS

Long Covid ist mittlerweile vielen ein Begriff: Es handelt sich um die Langzeitfolgen einer Corona-Erkrankung. Symptome, die teilweise schlimmer werden statt besser. Beschwerden, die noch Monate nach der Infektion mit Sars-CoV-2 anhalten und Betroffene teilweise stark in ihrem Alltag einschränken. Doch viel ist noch nicht bekannt über Long Covid, das Krankheitsbild ist zu neu. Studiendaten aus der chinesischen Metropole Wuhan geben nun Aufschluss darüber, wie lange Betroffene möglicherweise unter Symptomen leiden könnten: Viele der ehemals Infizierten haben noch ein Jahr später Beschwerden.

In Wuhan wurden im Dezember 2019 die ersten Fälle des damals noch neuartigen Coronavirus entdeckt. Vermutlich breitete sich das Virus danach von dort aus in der ganzen Welt aus. Folglich leben in Wuhan auch einige der ersten Patientinnen und Patienten, die jemals mit dem Virus in Kontakt gekommen sind. Chinesische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben den Gesundheitszustand von 1276 Coronapatienten, deren Verlauf so schwer war, dass sie ins Krankenhaus mussten, in Zeitabständen von sechs und zwölf Monaten analysiert.

Sauerstofftransport verschlechtert

Dabei haben sie herausgefunden, dass etwa einer von drei Betroffenen nach einem Jahr immer noch unter Kurzatmigkeit und Lungenfunktionsstörungen leidet. Die Studie , die im Fachmagazin »Lancet« veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass vor allem bei Menschen, die sehr schwere Covidverläufe hinter sich haben, der Sauerstofftransport von der Lunge in den Blutkreislauf verschlechtert sein kann. Insgesamt belegt die Studie, dass der Gesundheitszustand von Covid-19-Überlebenden schlechter ist als der von Nicht-Infizierten.

Dasselbe Forscherteam hatte bereits vor einem halben Jahr herausgefunden, dass etwa drei Viertel aller Covid-19-Patienten noch sechs Monate später unter Symptomen wie Müdigkeit, Schlafstörungen oder Depressionen leiden.

»Unsere Studie zeigt, dass sich die meisten Covid-19-Patienten zwar gut wieder erholen, aber es gibt einige, die anhaltende Gesundheitsprobleme haben«, sagt Studienautor Bin Cao vom National Center for Respiratory Medicine im China-Japan Friendship Hospital. »Vor allem diejenigen, die mit einem kritischen Verlauf im Krankenhaus lagen.« Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die Genesung für einige Patientinnen und Patienten länger als ein Jahr dauern werde. »Das muss mit einbezogen werden, wenn es darum geht, medizinische Vorkehrungen auch nach der Pandemie zu treffen.«

Mindestens noch ein Symptom nach einem Jahr

Die untersuchten Patienten waren alle zwischen Anfang Januar und Ende Mai 2020 mit Sars-CoV-2 infiziert, alle waren mit schweren Verläufen im Krankenhaus gewesen. Die Teilnehmenden waren im Mittel 57 Jahre alt. Jeweils einmal sechs und zwölf Monate später durchliefen sie Gesundheitschecks, darunter einen sechsminütigen Lauftest, physische Untersuchungen und Labortests; außerdem beantworteten sie Fragen des Expertenteams.

Die meisten Patientinnen und Patienten hatten sich nach einem Jahr wieder vollständig erholt. Dennoch hatte etwa die Hälfte von ihnen (49 Prozent) auch nach zwölf Monaten noch mindestens ein Symptom. Nach sechs Monaten waren es rund 68 Prozent.

Erneut waren die sogenannte Fatigue (Erschöpfungssyndrom) und Muskelschwäche die häufigsten genannten Symptome. Nach einem Jahr berichtete noch einer von fünf Patienten, unter diesen Beschwerden zu leiden. Ein Drittel der Teilnehmenden berichtete, auch nach zwölf Monaten noch kurzatmig zu sein, dabei handelte es sich vor allem um Patienten, die im Krankenhaus beatmet worden waren.

Diejenigen, die bei den Lungenfunktionstests nach sechs Monaten eine Störung des Sauerstofftransports aufwiesen, zeigten auch nach einem Jahr noch keine Verbesserungen. Dafür zeigten sich bei den Lungenscans der Betroffenen Verbesserungen: Nach sechs Monaten waren bei etwa der Hälfte von ihnen noch Auffälligkeiten auf den Lungenbildern zu sehen. Nach zwölf Monaten sank diese Zahl auf – immer noch hohe – 39 Prozent.

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Frauen eher betroffen als Männer

Die Studienautoren fanden zudem Unterschiede zwischen den Geschlechtern heraus, auf die auch vorherige Studien schon Hinweise geliefert hatten. Demnach ist das Risiko für Frauen, an Fatigue oder Muskelschwäche nach einer Coronainfektion zu leiden, rund 1,4-mal höher als das von Männern. Sie haben nach einem Jahr ein doppelt so hohes Risiko für Depressionen oder Angststörungen und ein etwa dreimal so hohes Risiko für Lungenfunktionsstörungen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versuchten, die allgemeine Lebensqualität der ehemaligen Covid-19-Patienten mit Menschen des gleichen Geschlechts, Alters und mit dem gleichen Gesundheitszustand zu vergleichen, die nicht erkrankt waren. Den Ergebnissen zufolge haben Covid-19-Überlebende eine höhere Wahrscheinlichkeit, Schmerzen oder Unwohlsein zu erleben oder in ihrer Mobilität eingeschränkt zu sein.

Ein Jahr nach ihrer Erkrankung stiegen auch die psychischen Folgen: Der Anteil der Menschen, die über Depressionen oder Angstzustände klagten, stieg von 23 Prozent nach einem halben Jahr leicht an auf 26 Prozent nach einem Jahr. »Wir wissen nicht, warum sie nach einem Jahr sogar noch mehr psychische Probleme haben als nach sechs Monaten«, sagt Studienautor Xiaoying Gu vom Institute of Clinical Medical Sciences im China-Japan Friendship Hospital. »Das könnte mit biologischen Prozessen zusammenhängen, die mit der Virusinfektion selbst zu tun haben oder der körpereigenen Immunantwort. Sie könnten aber auch mit den reduzierten Sozialkontakten, Einsamkeit, Jobverlust oder der nicht wieder vollständig hergestellten physischen Gesundheit zusammenhängen.«

Die Studienergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren: Bei den Teilnehmenden handelt es sich um eine vergleichsweise geringe Anzahl von Betroffenen, die alle in einem Krankenhaus behandelt wurden. Um generelle Rückschlüsse auf die Gesamtbevölkerung zu ziehen, sollten die Ergebnisse daher nur als Anhaltspunkte genommen werden.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass Long Covid etwa jeden zehnten Infizierten trifft, oft junge Menschen ohne Vorerkrankungen.

kry

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