Lungenkrankheit Forscher züchten Coronavirus in Labor nach

Die Zahl der Corona-Infizierten steigt weiter, in Deutschland zuletzt auf vier Fälle. Jetzt gelang Wissenschaftlern in Australien ein wichtiger Erfolg im Kampf gegen das Virus.
Medizinisches Personal in Schutzanzügen empfängt in der zentralchinesischen Provinz Anhui Patienten aus Wuhan.

Medizinisches Personal in Schutzanzügen empfängt in der zentralchinesischen Provinz Anhui Patienten aus Wuhan. 

Foto: CHINATOPIX/ AP/ dpa

Die Zahl der Patienten mit dem neuartigen Coronavirus ist in China weiter gestiegen – innerhalb eines Tages um 1459 Fälle auf mehr als 5950. Zudem starben weitere 26 Patienten in der Volksrepublik an dem Virus. Damit kletterte die Gesamtzahl der Todesfälle auf 132.

In Deutschland wurden bisher vier Infektionen bestätigt. Die drei am Dienstagabend bekannt gewordenen neuen Fälle stehen in Zusammenhang mit dem ersten Patienten in Bayern, der sich bei einer Kollegin aus China angesteckt hatte.

Während es außerhalb der Volksrepublik etwas mehr als 80 nachgewiesene Infektionen gibt, zählte die Gesundheitskommission in Peking bis Mittwoch 5951 Patienten allein in China. Es gibt fast 10.000 Verdachtsfälle. Die Kommission meldete sogar 5974 Fälle, rechnete dabei aber 23 Infektionen in Hongkong, Taiwan und Macao mit. Peking betrachtet diese Territorien als Teil der Volksrepublik. Von den Patienten sind demnach 1239 schwer erkrankt. Bei den Todesfällen handelt es sich meist um ältere Patienten mit Vorerkrankungen.

Außerhalb der Volksrepublik gibt es unter anderem in Thailand, Japan, Singapur, Malaysia, den USA, Australien oder auch Südkorea Erkrankte mit dem neuen Virus. In Europa wurden auch in Frankreich vier Fälle bestätigt. Die meisten Erkrankten waren vorher in China. Allerdings gibt es zunehmend auch Infektionen, die außerhalb im Kontakt mit Reisenden aus China passiert sind - so etwa zuletzt auch in Japan und in Taiwan. Die Regierung in Peking hat allen Staatsbürgern angeraten, Reisen ins Ausland vorerst zu verschieben.

Coronavirus im Labor vermehrt - "bedeutender Durchbruch"

Inzwischen haben australische Wissenschaftler im Labor die neuartige Virusart nachgezüchtet. Das teilte das Peter-Doherty-Institut für Infektionen und Immunität in Melbourne mit. Das Erbgut sei von einem infizierten Patienten entnommen und erfolgreich vermehrt worden. Nun könne in Zusammenarbeit mit anderen Instituten und der Weltgesundheitsorganisation WHO an einem Impfstoff gearbeitet werden. Weiterhin könne man einen Antikörpertest entwickeln, der das Virus auch bei Patienten ohne Symptome erkenne, sagte Julian Druce, Leiter des Viren-Labors, dem britischen "Telegraph". Er sprach von einem "bedeutenden Durchbruch".

Chinesischen Forschern war es zuvor bereits gelungen, das Virus im Labor zu vermehren. Sie teilten jedoch nur dessen Sequenz mit der Weltöffentlichkeit, nicht das Virus selbst. Russland und China arbeiten laut russischen Angaben zusammen an einem Impfstoff gegen das Coronavirus. Peking habe das Erbgut des Virus an Russland übergeben, teilt das russische Konsulat im chinesischen Guangzhou mit. "Russische und chinesische Wissenschaftler haben mit der Arbeit an einem Impfstoff begonnen."

Corona-Höhepunkt noch nicht erreicht 

Der Höhepunkt des Ausbruchs der Lungenkrankheit wird in China erst in sieben bis zehn Tagen erwartet. Wie der Chef des nationalen Expertenteams im Kampf gegen das Virus, Zhong Nanshan, der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua sagte, seien "frühe Entdeckung und frühe Isolation" entscheidend, um das Virus in den Griff zu bekommen.

Es sei schwierig, definitive Vorhersagen zu treffen, "aber ich denke, in einer Woche oder zehn Tagen wird der Höchststand erreicht werden", sagte der Wissenschaftler. Danach werde es "keine Anstiege im großen Stil mehr geben". Die Entwicklung eines Impfstoffs werde drei bis vier Monate oder auch länger dauern, so Zhong.

Der neuartige Erreger gleiche vom Ursprung her einem Virus, das 2017 in Fledermäusen entdeckt worden sei. Das 2019-nCov genannte neue Virus habe wohl einen Zwischenwirt in einem wilden Tier, sagte Zhong Nanshan. Es wird vermutet, das Virus könne seinen Ausgang auf einem Markt in Zentralchina gehabt haben, wo auch Wildtiere zum Verzehr angeboten werden.

Zhong geht nicht davon aus, dass der Corona-Ausbruch so lange dauern werde wie die Sars-Pandemie vor 17 Jahren. Letztere hatte sich über sechs Monate gezogen. Sars steht für "Severe Acute Respiratory Syndrome", ein schweres akutes Atemwegssyndrom. Es war anfangs vertuscht worden, sodass es Monate dauerte, bis das ganze Ausmaß bekannt wurde. Rund 8000 Menschen erkrankten weltweit, 800 starben.

Internationale Reaktionen

Verschiedene Staaten sind dabei, ihre Bürger aus Wuhan auszufliegen, darunter auch die USA. Die US-Botschaft in Peking erklärte, ein Charterflugzeug werde Botschaftsmitarbeiter und weitere US-Amerikaner aus dem Land bringen. Ein Charterflugzeug hat bereits mehr als 200 Japaner aus Wuhan nach Tokio ausgeflogen. In einer ersten europäischen Rückholaktion sollen am Mittwoch 250 französische Staatsangehörige zurückgebracht werden.

Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte, es gebe Überlegungen, Flüge nach China vorübergehend ganz einzustellen, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen. Die britische Fluggesellschaft British Airways setzte am Mittwoch alle ihre Flüge in die Volksrepublik und von dort nach Großbritannien aus.

Australien unterstützt seine Bürger dabei, die Provinz Hubei zu verlassen, wo bisher die meisten Toten durch das Virus zu beklagen sind. Die Menschen sollen zunächst auf Christmas Island in Quarantäne genommen werden. Auf der Insel im Indischen Ozean befinden sich Flüchtlingsunterkünfte.

Russland hat damit begonnen, aus China zurückkehrende Touristen auf das Corona-Virus zu checken. Seit Dienstag würden medizinische Untersuchungen durchgeführt. In Russland sind bisher keine Fälle der Lungenkrankheit bekannt.

Auch Deutsche wollen ausgeflogen werden

Etwa hundert Deutsche wollen laut Angaben von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aus der besonders betroffenen chinesischen Metropole Wuhan ausgeflogen werden. Die Vorbereitungen zu diesem Flug seien "auf dem guten Wege", sagte Spahn am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin".

Spahn ließ dabei offen, wie mit den aus Wuhan zurückkehrenden Deutschen nach ihrer Ankunft in Frankfurt am Main umgegangen werde und ob sie womöglich direkt danach isoliert werden. "Wir sind in Kontakt mit den hessischen Behörden", sagte der Bundesgesundheitsminister.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte am Montag gesagt, die Bundesregierung ziehe "eine mögliche Evakuierung aller ausreisewilligen Deutschen" in Betracht. Das Auswärtige Amt erließ am Dienstag eine Reisewarnung für die Provinz Hubei, in der Wuhan liegt. Für den Rest des Landes empfahl das Ministerium, nach Möglichkeit nicht unbedingt notwendige Reisen zu verschieben.

Wegen des Ausbruchs der Lungenkrankheit in China bleibt die deutsche Botschaftsschule in Peking vorerst geschlossen. Nach den gerade laufenden Ferien zum chinesischen Neujahrsfest sei "von einer Schließung bis mindestens 17. Februar auszugehen", hieß es in einer Mitteilung an die Eltern. Betroffen sind rund 530 Schüler und 200 Kinder im Kindergarten.

ala/Reuters/AP/dpa
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