Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat einen zweiten Impfstoff gegen Covid-19 zur Zulassung empfohlen. Das Präparat des US-Unternehmens Moderna dürfte somit bald EU-weit eingesetzt werden. Das könnte die Impfkampagnen auch in Deutschland beschleunigen – denn je mehr Firmen eine Zulassung haben, desto mehr Kapazitäten gibt es für die Produktion.
Was ist der Unterschied zwischen dem bereits zugelassenen Präparat der Firmen Biontech und Pfizer- und dem Impfstoff von Moderna?
Julia Merlot, DER SPIEGEL
»Also zuerst einmal gibt's vor allem Gemeinsamkeiten. Das sind beides mRNA-Impfstoffe, also sie funktionieren nach dem gleichen Wirkprinzip, haben auch eine sehr ähnliche Wirksamkeit in den Zulassungsstudien gezeigt, von ungefähr 95 Prozent jeweils. Und der größte Unterschied ist die Kühlung, tatsächlich.«
Während der Wirkstoff von Biontech und Pfizer dauerhaft bei minus 70 Grad Celsius in Spezial- Kühlschränken gelagert und in Spezialbehältern transportiert werden muss, reichen für den Impfstoff von Moderna bereits minus 20 Grad.
Julia Merlot, DER SPIEGEL
»Das funktioniert also mit einer herkömmlichen Tiefkühltruhe, wenn man so will, und da besteht die Hoffnung, dass das ein bisschen einfacher funktioniert.«
Denn das bedeutet auch: Während der Biontech-Impfstoff nur wenige Tage in einem normalen Kühlschrank haltbar ist, übersteht der Moderna-Impfstoff hier bis zu einem Monat.
Bei mRNA-Impfstoffen wird einem Patienten eine Lösung mit dem Bauplan für ein typisches Virusprotein verabreicht. Der Körper stellt dieses Protein dann selber her und bildet Antikörper dagegen. Besonders die hohe Wirksamkeit in den Studien mit mehreren zehntausend Patienten bei beiden mRNA-Kandidaten hatte die Fachwelt positiv überrascht.
Julia Merlot, DER SPIEGEL
»Allerdings muss man eben dazu sagen, dass die EU sehr zurückhaltend mRNA-Impfstoff bestellt hat. Zum einen, weil er vergleichsweise teuer ist, im Vergleich zu anderen Impfstoffmethoden, die es gibt, und zum anderen weil man eben am Anfang nicht so richtig wusste, wie wirksam diese Impfstoffe sein würden.«
Trotz der neuen Technologie ist große Angst vor spät auftretenden Nebenwirkungen unbegründet.
Julia Merlot, DER SPIEGEL
»Es ist so, dass bei Impfstoffen Nebenwirkungen in der Regel wenige Stunden, Tage, Wochen, oder vielleicht auch mal Monate nach einer Impfung auftreten. Natürlich dauert es eine Weile, bis man so viele Menschen geimpft hat, dass man sehr seltene Impfwirkungen findet. Das kann auch ein paar Monate tatsächlich dauern. Aber dass es eine Nebenwirkung gibt, die viele, viele Jahre nach der Impfung erst auftritt, das ist sehr, sehr unwahrscheinlich.«
Der nächste Kandidat dürfte der Impfstoff von AstraZeneca werden. Das britisch-schwedische Unternehmen hat einen günstigeren Vektorimpfstoff entwickelt, bei dem abgeschwächte sogenannte Vektor-Viren Sars-Cov-2-Erbinformationen in menschliche Zellen einschleusen. Dadurch wird die Produktion von Antikörpern stimuliert – ein Präparat, das in Großbritannien bereits verimpft wird...
Julia Merlot, DER SPIEGEL
»...und zu dem es auch schon Zwischenergebnisse gibt. Allerdings ist das ein bisschen chaotisch und da werden noch neue Daten gerade erhoben und nochmal Studien gemacht. Astra Zeneca hat noch keine Zulassung in der EU beantragt, von daher rechnet die EMA auch nicht damit, dass da im Januar noch irgendwas passiert.«
Statt den rund 95 Prozent Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe zeigen die Studienergebnisse beim Impfstoff von AstraZeneca bislang nur eine Wirksamkeit von 70 Prozent. Der günstige Preis und die einfache Handhabung könnten das aber wieder wettmachen.
Julia Merlot, DER SPIEGEL
»Jeder Impfstoff ist im Moment ein Riesen-Vorteil, einfach weil sich das Virus so frei bewegen kann, weil niemand immun ist. Die WHO hat die Grenze mal so bei 50 Prozent Wirksamkeit bestimmt, die ein Corona-Impfstoff haben müsste, um die Pandemie eben zu drosseln. Von daher sind auch die 70 Prozent, die es bei Astra Zeneca gibt, noch ein guter Wert, der uns helfen kann, die Verbreitung des Virus doch deutlich zu verlangsamen.«