Schutz vor Infektionen Mini-Diamanten killen Bakterien

Nanodiamenten sind effektive Bakterienkiller, zeigt eine Studie. Sie könnten Desinfektionsmittel verbessern oder Implantate keimfrei halten - und machen damit Beschichtungen aus Silber und Kupfer Konkurrenz.
Von Eckhard Stengel
Tod durch Andocken: Nanodiamanten (farbig) binden an Bakterienzellen (grau)

Tod durch Andocken: Nanodiamanten (farbig) binden an Bakterienzellen (grau)

Foto: Rezwan

Sie könnten ein neuer Weg sein, um Bakterien zu killen: Winzige Diamantpartikel mit antibakteriellen Eigenschaften. Ein Forscherteam von der Universität Bremen und der Stanford University konnte mit ihrer Hilfe Vertreter aus den beiden wichtigsten Bakterienklassen töten. Die Studie wurde im Fachmagazin "ACS Nano"  veröffentlicht.

Die Nanodiamanten entstehen neben Ruß durch die Explosion von kohlenstoffhaltigen Verbindungen in Hochdruckbehältern. Mit einem Durchmesser von nur wenigen Nanometern - also Millionstel Millimetern - sind sie etwa zweihundertmal kleiner als ein Bakterium. Bereits in den 1960er Jahren entdeckten russische Wissenschaftler die Nanodiamanten, im Labor lassen sie sich aber erst seit wenigen Jahren nutzen.

Laut Projektleiter Michael Maas könnten diese Explosionsdiamanten als Zusatz in Desinfektionsmitteln oder für die Beschichtung von Oberflächen eingesetzt werden. Und zukünftig eine neue Alternative zu Silber- oder Kupferpartikeln darstellen. "Gegen beide Stoffe haben einige Bakterien inzwischen Resistenzen entwickelt", sagt Maas.

Unbedenklich oder gefährlich?

Auch die Industrie ist interessiert: So hat sich bereits ein Hersteller von Kühlschmierstoffen gemeldet, der mit den Diamantpartikeln verhindern will, dass sich Bakterien als Biofilme in seinen Anlagen absetzen. Ob die Teilchen allerdings gegen ganze Bakterienkolonien helfen, muss erst noch erforscht werden, sagt Maas.

Als Antibiotikum für den Menschen eignen sich die Partikel auf keinen Fall. Sie verlieren ihre Wirkung, sobald sie mit Körperflüssigkeiten in Berührung kommen - weshalb sie laut Maas in der getesteten Konzentration auch nicht giftig für menschliche Zellen sind.

Trotzdem sei beim Kontakt mit dem Menschen Vorsicht geboten. "Es ist grundsätzlich eine hochkomplexe Frage, ob Nanoteilchen gefährlich sind oder nicht", sagt Maas. Problematisch könne es werden, wenn die Partikel als Staub in die Lunge gerieten. Unbedenklich seien sie aber in wässriger Lösung wie bei Desinfektions- oder Kühlschmiermitteln. Chemiker Maas schätzt, dass die Diamantenteilchen auch im Abwasser relativ unbedenklich sind - untersucht ist dies aber noch nicht.

Im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist man vorsichtig. Nanoteilchen seien zwar grundsätzlich in wässriger Lösung unproblematischer, als wenn sie eingeatmet würden, so eine BfR-Sprecherin. "Aber wir sagen nicht, dass diese Verwendungsart völlig unbedenklich ist, denn dafür liegen noch zu wenige Daten vor."

Tod durch Andocken

Warum die Partikel so überraschend gut und schnell Bakterien bekämpfen, ist noch nicht genau klar. Die Forscher vermuten, dass es an bestimmten sauererstoffhaltigen Gruppen liegt, den Säure-Anhydriden, die an den Oberflächen der Nanodiamanten sitzen.

Als nächstes wollen die Wissenschaftler Implantat-Materialien mit den antibakteriellen Partikeln versetzen, zum Beispiel Knochenersatzstoffe, wie sie nach dem Entfernen von Knochentumoren verwendet werden.

Ob die neuen Bakterienkiller auch vom Preis her mit den herkömmlichen Silber- oder Kupferpartikeln in Desinfektionsmitteln konkurrieren können, muss sich erst noch zeigen. "Der reine Rohstoffpreis fällt nicht so ins Gewicht", sagt Maas. Für eine Lieferung von 25 Gramm zahlen die Forscher dem Hersteller 300 Euro. Das Teuerste sei wohl bei allen diesen Produkten die Aufbereitung. Aber Maas ist zuversichtlich "In großindustrieller Fertigung sinken die Kosten sicher noch deutlich".

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