Forscher-Wettbewerb Eine Million Dollar für ein längeres Leben

Ein Hedgefonds-Manager will den Traum von einem langen, gesunden Leben wahr werden lassen. Er investiert eine Million Dollar in einen Wettbewerb um den größten Fortschritt in der Altersforschung.
Gesund bis ins hohe Alter: Werden wir bald alle 120?

Gesund bis ins hohe Alter: Werden wir bald alle 120?

Foto: Corbis

Als die Französin Jeanne Calment im Jahr 1875 geboren wurde, war das Deutsche Kaiserreich noch jung. Als sie 1997 starb, regierte Helmut Kohl die Bundesrepublik Deutschland. Calment wurde 122 Jahre alt - bis heute Rekord. Ein amerikanischer Hedgefonds-Manager will dieses Alter nun zum Normalfall machen.

Joon Yun, Manager des Hedgefonds Palo Alto Investors, investiert eine Million Dollar (rund 860.000 Euro) in einen Preis für den größten Fortschritt in der Altersforschung. "Lasst uns den Code des Alterns knacken", fordert er in einem Werbevideo des Palo Alto Longevity Prize .

Herz verjüngen, Leben verlängern

Yun hat zusammen mit einer Vielzahl wissenschaftlicher Berater, unter anderem von der Stanford University und vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, zwei Wettbewerbe gestartet, die mit je einer halben Million Dollar (etwa 430.000 Euro) dotiert sind:

  • Forscher sollen das Herz eines Säugetiers verjüngen. Messgröße ist die Herzfrequenzvariabilität (HRV), die Fähigkeit des Körpers, den Herzschlag an verschiedene Situationen anzupassen. Diese Anpassungsfähigkeit nimmt mit dem Alter typischerweise ab.

  • Die zweite Hälfte des Preisgelds bekommt das Forscherteam, das als erstes die Lebensspanne eines Säugetiers um 50 Prozent erhöht.

Anmeldeschluss ist der 15. Februar. Bislang haben sich 14 amerikanische Teams und ein deutsches Team registriert. Sie wollen das Preisgeld ergattern, indem sie etwa Gene manipulieren, die das Älterwerden steuern. Beides wird schon seit Jahren versucht. So konnte das Leben von Mäusen bereits deutlich verlängert werden.

Denkbar wäre, dass auf Grundlage der Tierversuche eines Tages Medikamente entwickelt werden, die auf genetischer Ebene in die Zellabläufe beim Menschen eingreifen und so die Alterung verzögern oder vor alterstypischen Krankheiten schützen. Theoretisch könnte man auch das Erbgut von Embryonen scannen und manipulieren. "Ich glaube, dass schon die nächste Generation länger als 120 Jahre leben könnte", sagt Yuns Berater James Doty von der Stanford University.

Hauptsache Aufmerksamkeit

Unabhängige Forscher sind nicht ganz so euphorisch. "Ich sehe es schon positiv, wenn private Investoren in Altersforschung investieren, statt sich von dem Geld eine neue Jacht zu kaufen", sagt Björn Schumacher vom Exzellenzcluster für Altersforschung CECAD an der Uni Köln. Der Wettbewerb schaffe einen sinnvollen Anreiz, die grundlegende Erforschung von Alterungsprozesse voranzutreiben. Allerdings müsse man sich klarmachen, dass man mit einer Million Euro keine Forschungsprojekte solchen Ausmaßes finanzieren könne.

"Finanziell ist das eher ein Tropfen auf den heißen Stein", so Schumacher. Am Wettbewerb teilnehmen würden deshalb vor allem Forscher, die die gesuchten Fragestellungen sowieso untersuchen. Neue Arbeitsgruppen würden nicht entstehen. Zudem sei fraglich, ob die Versuche an Tieren dem Menschen tatsächlich schon in wenigen Jahren ein deutlich längeres und gesundes Leben werden garantieren können. "Im Menschen sind die Vorgänge des Alterns ungleich komplizierter als in Mäusen und Ratten", erklärt Schumacher. Einen Zweck erfüllt Yuns Wettbewerb trotzdem: Er schafft Aufmerksamkeit.

Google und Craig Venter investieren auch

Die Strategie ging schon mehrfach auf. Der umstrittene britische Bioinformatiker Aubrey de Grey, der auch Yun in seinem Vorhaben berät, hat im Jahr 2003 den aus Spenden finanzierten Methusalem-Maus-Preis ins Leben gerufen. Ziel ist es, die Lebensdauer von Mäusen zu verlängern. De Grey provozierte damals mit der These, dass Menschen bald 1000 Jahre alt werden könnten.

Inzwischen liegen Investitionen in die Altersforschung im Trend. Im September 2013 hat etwa Google das Unternehmen California Life Company (Calico) gegründet. Auch Craig Venter, der mit einer Privatfirma an der Entschlüsselung des menschlichen Genoms beteiligt war, hat im März 2014 ein neues Unternehmen ins Leben gerufen. Mit der Human Longevity Inc. will er Krebs, Herzkrankheiten und Demenz bekämpfen, indem er bis 2020 eine Million menschliche Genome sequenziert und herausfindet, welche genetischen Eigenschaften Grundlage für ein langes, gesundes Leben sind.

Schumacher hält die Prognose, dass wir schon bald problemlos älter als 120 Jahre werden könnten, trotz aller neuen Projekte für unrealistisch und auch nicht für unbedingt erstrebenswert. "Der Erhalt der Gesundheit sollte im Vordergrund stehen, nicht ein möglichst langes Leben, auch wenn beides natürlich zusammenhängt."

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