Rückenmark-Reparatur Mediziner testen embryonale Stammzellen am Menschen

Embryonale Stammzellen: Ethisch umstrittene Hoffnungsträger im Test
Foto: REUTERS / Baker/ Stanford University / California Institute for Regenerative MedicineWashington - Stammzellen sind Multitalente, die sich im Körper in zahlreiche Zelltypen verwandeln können. Viele Forscher glauben, dass sie entscheidende Werkzeuge für die Medizin der Zukunft sein können, um unter anderem Alzheimer, Parkinson oder Herzinfarkte zu behandeln. Obwohl die regenerative Medizin seit Jahren in der Diskussion ist, gab es bislang kaum Aussichten auf brauchbare Therapien - nun allerdings ist in den USA erstmals offiziell ein Patient mit embryonalen Stammzellen behandelt worden.
Einem nach einer Rückenmarkverletzung teilweise Gelähmten seien in einer Klinik in Atlanta (US-Bundesstaat Georgia) embryonale Stammzellen gespritzt worden, berichtet die "Washington Post". Der Versuch sei aber der weltweit erste dieser Art, der von einer nationalen Behörde genehmigt worden sei, sagte eine Sprecherin des kalifornischen Biotechnik-Unternehmens Geron. Über den Ausgang des Tests im Shepherd Center ist noch nichts bekannt.
Geron, eine Firma aus Menlo Park, steht hinter der Studie und will nun noch weitere Kranke behandeln. Die Patienten seien Querschnittsgelähmte, bei denen die Verletzung des Rückenmarks noch frisch sei. Ihnen sollen binnen 14 Tagen die aus embryonalen Stammzellen gewonnenen Zellen gespritzt werden. Ziel der Therapie namens GRNOPC1 ist die Reparatur der geschädigten Nervenzellen. Dadurch sollen die Patienten ihr Gefühl und die Bewegungsfähigkeit zurückgewinnen.
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte die weltweit erste Genehmigung für die Behandlung mit embryonalen Stammzellen am Menschen im Januar vergangenen Jahres erteilt - nachdem Geron einen 21.000-seitigen Antrag gestellt und noch weitere Unterlagen nachgeliefert hatte. Bei der sogenannten Phase-I-Studie soll zunächst die Sicherheit und Verträglichkeit der Stammzelltherapie untersucht werden. Neben der Klinik in Georgia sind sechs weitere Zentren in den USA an der Auswahl der Patienten beteiligt, die sich freiwillig zu der Geron-Studie melden müssen.
Als Hauptgefahr beim Einsatz embryonaler Stammzellen sehen Experten die Entwicklung von Krebs. Auch nach erfolgversprechenden Tests, zum Beispiel an Mäusen, ist nicht sicher, ob sich die Zellen wie gewünscht entwickeln. Hinzu kommen schwere ethische Bedenken: Die verwendeten Stammzellen werden vor allem aus Embryonen gewonnen, die bei künstlichen Befruchtungen übrigbleiben. Die Embryonen werden dabei zerstört. Kritiker argumentieren, dass menschliches Leben bereits mit der Befruchtung der Eizelle beginnt.
Zukunft der Stammzellforschung in den USA nicht endgültig geklärt
Im Streit um die staatliche Förderung der Stammzellforschung in den USA hat Präsident Barack Obama erst unlängst einen Etappensieg errungen. Ein Berufungsgericht hat Ende September endgültig eine einstweilige Anordnung aufgehoben, die eine öffentliche Finanzierung der Stammzellforschung verhindert hatte.
Obama hatte kurz nach seiner Amtsübernahme eine Wende in der Forschungspolitik eingeleitet und die von seinem Vorgänger George W. Bush 2001 verfügte Beschränkung der staatlichen Förderung der Stammzellforschung aufgehoben. Bush hatte die finanzielle Unterstützung auf 21 Stammzellenlinien beschränkt, die 2001 bereits existierten.
Obama hat diese Bestimmung gelockert und die Gesundheitsbehörde angewiesen, neue Richtlinien auszuarbeiten. Sie erlauben die Nutzung neuer Stammzellenlinien, die von Embryonen stammen, die nach Fruchtbarkeitsbehandlungen in Kliniken ohnehin vernichtet worden wären.
Derzeit bieten verschiedene Kliniken weltweit bereits Therapien mit sogenannten adulten Stammzellen an, die aus dem erwachsenen Körper entnommen werden. Diese Zellen sind im Körper aber nur begrenzt vorhanden und nicht so vielseitig einsetzbar wie embryonale Stammzellen.