Schicksalsschlag Tod von nahen Verwandten belastet das Herz

Der Tod eines geliebten Menschen schlägt den Hinterbliebenen buchstäblich aufs Herz. Noch längere Zeit nach dem Ereignis ist ihr Herzschlag deutlich erhöht. Mediziner raten, sich in der Trauerzeit besonders zu schonen - sonst droht im schlimmsten Fall ein Infarkt.

Chicago - Wenn eine nahestehende Person stirbt, macht das den Angehörigen nicht nur seelisch zu schaffen, sondern auch körperlich. Mediziner wissen, dass Herzinfarkte und plötzlicher Herztod bei Hinterbliebenen deutlich häufiger auftreten als im Durchschnitt. Die genauen Ursachen waren aber noch wenig erforscht. Ebenfalls unbekannt war, ob sich das Risiko mit der Zeit wieder verringert.

Forscher um Thomas Buckley von der University of Sydney glauben nun, zu beiden Punkten etwas sagen zu können: Sie konnten zeigen, dass bei Hinterbliebenen der Herzschlag erhöht ist - und dass der Effekt nach einiger Zeit wieder zurückgeht. Die Mediziner hatten 55 Männer und 23 Frauen im Alter von 33 bis 91 Jahren untersucht, die einen Schicksalsschlag erlitten hatten. Sie wurden mit 24-Stunden-Herzfrequenzmessgeräten ausgestattet - einmal zwei Wochen nach dem Trauerfall und einmal mit sechsmonatigem Abstand.

Dabei zeigte sich, dass die Herzen der Hinterbliebenen bei der ersten Untersuchung im Durchschnitt etwa 75-mal pro Minute schlugen. Damit lagen diese Probanden um fast fünf Schläge pro Minute über der Kontrollgruppe (70,7 Schläge pro Minute). Die Hinterbliebenen hatten im Vergleich zur Kontrollgruppe auch fast doppelt so häufig Phasen mit einem sehr schnellen Herzschlag von mehr als hundert Schlägen pro Minute.

Nach sechs Monaten hatten sich die Herzfrequenzen beider Gruppen aber wieder angeglichen. Allerdings war der Herzschlag nicht die einzige Folge des Trauerfalls: Auch die Häufigkeit von Angstattacken und klinischen Depressionen war bei den Menschen, die Kind oder Ehegatten verloren hatten, zunächst deutlich erhöht. Dieser Unterschied verringerte sich nach sechs Monaten zwar ebenfalls wieder, blieb jedoch deutlich höher als bei denen, die keinen Verlust erlitten hatten.

Das Fazit der Forscher: Es scheint tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem Verlust eines geliebten Menschen und veränderten Herzfunktionen zu geben - und damit unter Umständen ein erhöhtes Herzinfarktrisiko. Betroffene sollten deswegen während der Trauerzeit intensiv auf ihr Herz achten und Vorsorge betreiben, erklärte Studienleiter Buckley. Eine erste Auswertung der Ergebnisse war bereits im Fachblatt "Internal Medicine Journal" veröffentlicht worden. Nun präsentierte der Australier umfangreichere Ergebnisse beim Jahrestreffen der American Heart Association in Chicago.

chs/dapd

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