Japanische Stammzellstudie Zweifel an den Ergebnissen verdichten sich

Fortschritt oder Fälschung: Ein Mäuseembryo, erzeugt aus Stammzellen
Foto: Haruko ObokataEs klang nach einem Riesenfortschritt für die Stammzellforschung, was japanische Forscher im Januar berichteten: Statt Körperzellen mit aufwendigen Verfahren zu verjüngen, packten sie ihr Versuchsmaterial einfach in ein Säurebad. So erzeugten Haruko Obokata und ihre Kollegen vom Riken-Zentrum für Entwicklungsbiologie im japanischen Kobe aus Mauszellen wahre Alleskönner - und überraschten die Fachwelt mit ihren erstaunlichen Resultaten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie in zwei Artikeln im renommierten Fachmagazin "Nature".
Jetzt häufen sich jedoch Hinweise auf eine mögliche Schlamperei oder sogar vorsätzliche Täuschung. Bereits kurz nach der Veröffentlichung äußerten sich anonyme Blogger auf der Plattform Pubpeer und wiesen auf Methodenfehler hin. Die Vorwürfe: Bilder seien doppelt verwendet, eine Abbildung zusammengeschnitten worden und das Verfahren nicht rekonstruierbar.
"Das ist nicht akzeptabel"
Stammzellforscher Ulrich Elling vom Wiener Institut für molekulare Biotechnologie ist bestürzt. Er hat die Bilder verglichen und vergrößert. Auch er bestätigt, dass in dem Artikel eine Abbildung zusammengeschnitten wurde und auf jeden Fall das Bild einer Plazenta zweimal abgebildet wurde - und als zwei unterschiedliche Experimente verkauft wurde. "Das ist nicht akzeptabel", sagt er. Auch wenn jedem Fehler passieren könnten und ein vertauschtes Bild weder einen Vorsatz beweisen würde noch ein Beleg für gefälschte Ergebnisse sei. "Aber es ist sehr verdächtig."
Was den Vorwurf der nicht wiederholbaren Ergebnisse angeht, ist er vorsichtig. Er selbst hat das Verfahren im Labor ausprobiert. Er behandelte Zellen mit Säure und unterzog sie anschließend einem Nachweisverfahren, bei dem die Zellen grün leuchten, wenn ein bestimmter Stammzellreporter in den Genen der Zellen angeschaltet ist. Das Ergebnis: Ellings Zellen schimmerten grün. "Das beweist aber noch nicht, dass es auch wirklich Stammzellen sind." Ob die Zellen wirklich das Potential von Stammzellen haben - also sich selbst vermehren und sich in andere Zellen verwandeln -, das müsse erst noch bewiesen werden. Es könne beispielsweise auch sein, dass der Stammzellreporter durch die Säurebehandlung fehlerhaft angeschaltet wurde oder die Zellen unspezifisch leuchten.
Kaum einer glaubt mehr an die Daten
"Es gibt große Skepsis im wissenschaftlichen Feld gegenüber der Publikation", sagt Elling. Der Stammzellforscher hat mittlerweile mit vielen Kollegen auf der ganzen Welt gesprochen, die alle Zweifel hegen. "Trotz des Versuchs mehrerer, auch renommierter, Labore, die Daten zu reproduzieren, ist mir bisher kein erfolgreicher Fall bekannt." Selbstverständlich müsse aber die endgültige wissenschaftliche Beurteilung der Publikation abgewartet werden.
Die Überprüfung läuft: Das japanische Riken-Center hat eine Untersuchungskommission eingesetzt, um die Studie zu prüfen. In der Kommission sitzen Wissenschaftler des Instituts, aber auch unabhängige Forscher. Auf den Seiten des Fachjournals "Nature" heißt es, der Vorfall werde weiter untersucht, es sei aber noch nicht klar, wie lange das Verfahren dauere.