Studie an Mäusen Fett-Enzym lässt Krebskranke abmagern

Viele Krebspatienten nehmen enorm ab, einige sterben sogar an den Folgen des Gewichtsverlusts. Ein Versuch mit Mäusen gibt jetzt einen Hinweis, wie sich die Abmagerung stoppen lässt. Doch vollständig erklären können Mediziner das gefährliche Symptom noch nicht.
Versuch an Mäusen: Hinweis auf krebsbedingte Abmagerung entdeckt

Versuch an Mäusen: Hinweis auf krebsbedingte Abmagerung entdeckt

Foto: Franz-Peter Tschauner/ picture alliance / dpa

Graz - Die Skelettkonturen am Körper werden sichtbar, die Augen liegen tief und sind von dunklen Schatten umrandet, die Wangen sehen hohl aus. Einige Krebspatienten verlieren während der schweren Erkrankung enorm viel Gewicht; Fettgewebe und Muskulatur schwinden.

Die sogenannte krebsbedingte Kachexie tritt am häufigsten bei Bauchspeicheldrüsen- und Magenkrebs auf. Die Betroffenen leiden an Appetitlosigkeit und selbst wenn sie essen, nehmen sie infolge von tumorbedingten Stoffwechselstörungen nicht zu.

Laut Experten ist die Kachexie die direkte Todesursache bei schätzungsweise fünfzehn Prozent aller Krebspatienten. Doch bislang konnte nicht geklärt werden, was die Auszehrung des Körpers auslöst. Forscher haben jetzt in einer Studie mit Mäusen herausgefunden, dass ein fettspaltendes Enzym den starken Abbau von Fett- und Muskelgewebe verursachen könnte.

Rudolf Zechner und seine Kollegen von der Universität Graz fanden heraus, dass die Gewichtsabnahme bei den Tieren mit Krebstumoren von dem Enzym Adipose-Triglycerid-Lipase (ATGL) abhängt. Für die Wissenschaftler ist dies ein erster Schritt für eine mögliche Therapie, die die Abmagerung von Krebspatienten verhindern kann, schreiben sie im Fachmagazin "Science" .

Das Enzym ATGL reguliert im Körper den Abbau von Fett. Deshalb untersuchten Zechner und seine Kollegen, ob die Tiere nicht weiter abmagern, wenn der Fettabbau beziehungsweise das Enzym blockiert wird. Dafür haben die Mediziner Lungen- oder Hautkrebszellen auf gentechnisch veränderte Mäuse übertragen, denen das ATGL fehlte.

Nach mehreren Wochen haben sie den Zustand der Tiere begutachtet und mit Mäusen verglichen, bei denen das ATGL vorhanden war und den Fettabbau regulierte. Beide Gruppen, Mäuse mit und ohne ATGL, erhielten die gleiche Nahrungsmenge.

Das Ergebnis: Während Mäuse mit ATGL zwei Wochen nach Übertragung der Krebszellen abmagerten, blieben Fett- und Muskelmasse der Mäuse ohne ATGL mindestens drei Wochen lang unverändert. Auf welche Weise der blockierte Fettabbau den Muskelschwund verhindert, müssen nun weitere Untersuchungen klären.

Höhere Enzymaktivität im Bauchfett

Um die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen zu überprüfen, analysierten die Wissenschaftler Gewebeproben von zwölf verstorbenen Krebspatienten.

Bei denjenigen, die an einer Kachexie gelitten hatten, waren im Bauchfett deutlich höhere Aktivitäten der Lipase ATGL messbar als bei den anderen. Je höher die Lipase-Aktivität, desto geringer war der Body-Mass-Index (BMI) der Patienten.

Die Forscher halten es für sinvoll, jetzt nach Wirkstoffen zu suchen, um Lipasen zu hemmen und möglicherweise dadurch eine Abmagerung bei Krebs und anderen chronischen Krankheiten zu verhindern. Warum die Lipase bei einigen Krebspatienten überaktiv wird und wie es zum Muskelabbau kommt, ist allerdings weiterhin ungeklärt.

nih/dapd
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