Corona-Studie in Tirschenreuth Vom Hotspot zum Niedriginzidenzgebiet
Tirschenreuth in Nordbayern. Das war bis Herbst 2020 der Landkreis mit der bundesweit höchsten Inzidenz - 1500 registrierte Infizierte auf 100.000 Einwohner. Kein anderer Landkreis war gemessen an der Einwohnerzahl so stark von Corona betroffen. In wenigen Wochen starben hier mehr als 130 vor allem ältere Menschen. Wie viele sich dort bisher tatsächlich angesteckt haben, versuchen Virologen in einer längerfristigen Studie herauszufinden – per Blutabnahme.
Ralf Wagner, Universität Regensburg: " Wir suchen nach Antikörpern. Das, was das Immunsystem nach der Infektion ausbildet, und dann können wir retrospektive feststellen, wie viele Menschen sich tatsächlich mit dem Virus infiziert haben."
Über 4.000 Freiwillige haben an der Studie teilgenommen, mittlerweile läuft die dritte Phase – und die Teilnehmer zeigen sich überzeugt von ihrem Beitrag.
Andreas Wenzel, Studienteilnehmer: "Ja, ich finde es eigentlich gut, dass überprüft wird, an was das eigentlich liegt, oder wie sich das Virus eigentlich verhält. Einfach, dass man mehr Informationen über das Virus bekommt, wie sich die Antikörper verhalten."
Evi Hering, Studienteilnehmerin: "Also, ich denke, dass das für den Landkreis schon ein bisschen was bringt. Auch für mich. Ich weiß jetzt, ob ich jetzt wirklich Antikörper hätte. Wenn ich jetzt welche habe, dann weiß ich das. Ich meine, wenn niemand mitmacht, ist es auch nix.
Neben den Blutproben mussten die Teilnehmer einen Fragebogen zur Wohnsituation, zum Beruf und den übrigen Lebensumständen ausfüllen. Wie viele Menschen haben nun eine Corona-Infektion überstanden – zum Teil ohne es zu wissen? Die Ergebnisse aus der ersten Covid-19-Welle 2020 in Tirschenreuth haben Wagner und sein Team bereits ausgewertet.
Ralf Wagner, Universität Regensburg: "Wir haben gefunden, dass 8,6 Prozent der Bevölkerung in Tirschenreuth über 14 Jahre sich infiziert hat mit dem Virus. Das ist ungefähr fünf Mal so viel, wie die offiziellen Zahlen vermuten ließen. Also, wir sprechen von einer Dunkelziffer von einem Faktor fünf. Bedeutet, dass 80 Prozent derer, die sich mit dem Virus infiziert haben, zumindest keine gesicherte Diagnose hatten über die Infektion."
Bei den 14-20-Jährigen waren sogar 92 Prozent der Infizierten als solche unerkannt geblieben. All diese Personen haben nachweislich Antikörper gegen SarsCov2 ausgebildet. Und mittlerweile ist das Infektionsgeschehen in Tirschenreuth ein anderes als im letzten Jahr. Mitte April war der Landkreis der einzige in Bayern mit einer Inzidenz von unter 100. Virologe Wagner vermutet: Gemeinsam mit den Impfungen ist die hohe Zahl überstandener Infektionen der Grund dafür.