Vier tote Kinder Japan nimmt Impfstoffe vom Markt

Nach dem Tod von vier Babys in Japan haben die Behörden zwei Impfstoffe vom Markt genommen. Nun untersuchen Gutachter, ob es einen Zusammenhang zwischen den Substanzen und den Todesfällen gibt. Die Impfung sollte die Kinder vor einer Hirnhaut- oder Lungenentzündung schützen.

Das japanische Gesundheitsministerium hat den Verkauf zweier Impfstoffe gestoppt: Sowohl Prevenar vom Pharmakonzern Pfizer   als auch ActHIB von Sanofi Pasteur dürfen vorerst nicht mehr vertrieben werden. Es werde ein möglicher Zusammenhang zwischen den Mitteln Prevenar von Pfizer sowie ActHIB von Sanofi-Aventis  und den Todesfällen untersucht, teilten die Behörden am Wochenende mit. Beide Unternehmen sagten eine enge Zusammenarbeit mit den Behörden zu.

Die Todesfälle ereigneten sich den Angaben zufolge zwischen dem 2. und 4. März. Demnach starben drei der vier Babys beziehungsweise Kleinkinder, die zwischen sechs Monaten und zwei Jahren alt waren, innerhalb von drei Tagen nach der Impfung mit einem der beiden Stoffe. Zwei von ihnen hatten zusätzlich den DTP-Impfstoff gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten verabreicht bekommen. Das vierte Kleinkind im Alter von einem Jahr war am Tag vor seinem Tod mit Prevenar und DTP geimpft worden. Mehrere der Kinder litten den Behördenangaben zufolge unter verschiedenen Krankheiten.

Bislang habe keiner der behandelnden Ärzte einen möglichen Zusammenhang zwischen Tod und Impfung der Kinder hergestellt, erklärte das Ministerium für Gesundheit in Tokio. Eine vorübergehende Suspendierung eines Medikaments würde nach japanischem Gesetz bis mindestens Dienstag gelten.

Konzerne sichern Zusammenarbeit zu

Die Impfsparte des französischen Konzerns Sanofi-Aventis, Sanofi Pasteur, kondolierte den betroffenen Familien. Die Firma kooperiere bei der laufenden Untersuchung umfassend mit den Gesundheitsbehörden, erklärte ein Sprecher. Das US-Unternehmen Pfizer betonte, bei allen seinen Produkten würden Nebeneffekte und Reaktionen stets detailliert geprüft. Zugleich sicherte der Konzern seine vollständige Zusammenarbeit mit den japanischen Experten zu.

Prevenar schützt vor Lungenentzündung, ActHIB vor Hirnhautentzündung. Beide Impfstoffe sind seit rund zwei Jahren auf dem japanischen Markt und wurden bislang rund 1,5 Millionen Kindern gespritzt.

Ende Februar waren in Frankreich zwei Kinder nach der Impfung mit Prevenar gestorben. Laut ersten Ergebnissen einer Untersuchung konnte aber kein Zusammenhang zwischen ihrem Tod und dem Mittel festgestellt werden, wie das Pariser Gesundheitsministerium am vergangenen Donnerstag erklärte. 2009 hatte die US-Firma Wyeth, die später von Pfizer aufgekauft wurde, in den Niederlanden Prevenar vorübergehend vom Markt genommen. Zuvor waren drei Kleinkinder nach der Impfung mit dem Mittel gestorben. Im Februar 2010 gaben die niederländischen Behörden und Wyeth dann bekannt, dass der Impfstoff nicht die Todesursache gewesen sei.

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) will noch keine Einschätzung abgeben, sondern erst die japanische Bewertung abwarten, berichtet das Branchenportal "Apotheke Adhoc": Man finde die Maßnahme aber extrem vorsichtig, sagte eine PEI-Sprecherin, angesichts der Tatsache, dass bei 1,5 Millionen Impfungen vier Todesfälle aufgetreten sind. Man müsse bei der Untersuchung auch andere Risikofaktoren einbeziehen, die den plötzlichen Kindstod verursacht haben könnten. In Deutschland sowie der EU habe es bisher keine auffälligen Meldungen zu Prevenar gegeben. Es gebe zwar Verdachtsfallmeldungen. Doch einen Zusammenhang zwischen Impfung und Tod habe man bisher nicht festgestellt.

Prevenar ist ein EU-weit zugelassener Impfstoff gegen Pneumokokken. Diese Bakterien leben auf den Nasen- und Rachen-Schleimhäuten und können schwere Lungen-, Gehirnhaut- und Mittelohrentzündungen verursachen. An einer Pneumokokken-Infektion sterben weltweit jährlich etwa zwei Millionen Menschen. ActHIB schützt vor dem Erreger Haemophilus influenzae Typ B, einem der häufigsten Verursacher von Mittelohrentzündungen bei Kleinkindern. Die japanischen Chargen für ActHIB hätten hierzulande keine Freigabe.

cib/AFP/Reuters
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren